Creditcard schlägt Wildcard

Vor dem eigentlichen Bericht eine kurze Klarstellung. Ein Blog, der von einem Journalisten geschrieben wird, läuft immer Gefahr bei Krankheit 'auszufallen'. Genau das ist in den letzten Tagen leider geschehen. Besten Dank für die zahlreichen Genesungswünsche, die mich per Email oder anderen Wegen erreicht haben. Mittlerweile bin ich wieder in Hamburg. Der heutige Eintrag speist sich lediglich aus den Eindrücken, die ich in den Wochen vor meiner Abreise gesammelt habe, und aus der gestrigen Sky-Live-Sendung.


Das deutsche Team hat gestern gegen Katar mit 24:26 (14:18) verloren. Die Partie war spannend, das Niveau allerdings etwas bescheiden, da viele Fehler zu beobachten waren. Im ersten Durchgang bekam die Sigurdsson-Truppe kaum ein Bein auf den Hallenboden. Der Rückstand von vier Toren hätte eigentlich größer sein können. So spielten beispielsweise die Katarer kurz vor der Pausensirene einen Angriff nicht vollständig aus und mussten noch ein Konter-Tor hinnehmen.

In der zweiten Hälfte kämpfte sich die deutsche Auswahl heran. Patrick Wienceks Birne leuchtete dabei wie die von Jupp Heynckes. Doch es gelang der Mannschaft nie, die Führung zu übernehmen. Das lag auch an einigen umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen. In den letzten Minuten war es allerdings Patrick Groetzki, der gleich mehrfach frei vor Danijel Saric scheiterte. Der katarische Schlussmann wurde nach Abpfiff zum Mann der Partie gewählt.


So viel zum Spiel als absolute Kurzfassung. Die Aufregung nach der Partie war aufgrund der Unparteiischen groß unter den Fans. Die deutschen Spieler verbargen zum großen Teil ihre Wut und sprachen von einer schlechten eigenen Leistung, womit sie die eigene Leistung treffend analysierend. Denn erst funktionierte der Kreis nicht, dann kassierten die Bundesligaspieler eine Unmenge an Gegentoren aus dem Rückraum.


Rund um das Spiel kochte zudem die Geschichte der zusammengekauften katarischen Mannschaft noch einmal hoch. Nur vier der Spieler im Kader waren auch vor wenigen Jahren schon spielberechtigt für die Mannschaft. Wie ich in einer Beschreibung des Teams schon einmal dargestellt habe, besteht es fast nur aus eingebürgerten Profis.


Als emotionaler Höhepunkt seiner Berichterstattung rief Sky-Reporter Karsten Petrizka in der zweiten Hälfte: "Wir hoffen, dass Herz Geld schlägt." Hat er diesen Satz wirklich ernst gemeint? Hätte er ihn vor einem halben Jahr auch im WM-Achtelfinale der Fußball-WM ausgerufen, als Algerien knapp dran war, die Multimillionäre aus Deutschland zu schlagen?


Die katarischen Spieler werden fürstlich belohnt für ihren Erfolg. Das wurden die deutschen Spieler im vergangenen Sommer auch. Der in der Aussage offenbar enthaltene Verdacht, dass sie mit weniger Herz als die Gegenseite agieren würden, ist eine aus meiner Sicht haltlose Unterstellung. Schon während der Partie war auf katarischer Seite eine Unmenge an Emotionen zu beobachten.


Zudem müsste der Sport bei Bestätigung der Petrizka-These noch mehr um seine Glaubwürdigkeit bangen, als es ohnehin der Fall ist. Schließlich bestehen die Ligenwettbewerbe auf höchster Ebene ausschließlich aus 'Söldnern', die Geld mit ihrem Beruf verdienen wollen.


Natürlich ist die Handball-WM in Katar eine Farce. Gestern hat ein Team, das so gut wie gar nichts mit Katar zu tun hat, einen Gegner aus dem Wettbewerb geworfen, der niemals in der Wüste hätte antreten dürfen, aber aus dubiosen Gründen mit einer Wildcard ausgestattet wurde. Das ist die eine Seite der Medaille.


Doch es muss ebenso hinzugefügt werden, dass auch der deutsche Sport regelmäßig die Chance nutzt, sich mit Akteuren aus dem Ausland zu verstärken. Über dieses Thema wird es - wie angekündigt - nach der WM noch einen langen Artikel geben. Deshalb sei an dieser Stelle nur auf Andrej Klimovets und den schon verstorbenen Oleg Velyky verwiesen, die beide vom DHB vor der WM 2007 eingebürgert wurden. Beide Spieler haben in ihrer Vita mehr Partien mit Weißrussland beziehungsweise Ukraine absolviert als für den deutschen Verband.


Die Katarer nutzen eine bestehende Regel exzessiv. Sie empfinden dabei nichts Ehrenanrüchiges: Wenn man etwas nicht hat, aber gerne besitzen würde, kauft man sich es eben. Geschehen mit der WM, drei modernen Hallen, eingeflogenen Fans und einer genau ausgewählten Mannschaft samt erstklassigem Betreuungsstab. Chapeau. Hinzu kommt eine Marketing-Maschinerie, die auch mal Journalisten einfliegen lässt. Was ein sehr viel größerer Skandal ist, als der Kader der Nationalmannschaft. Ob das auch für Schiedsrichter gilt? Ich weiß es nicht. Dazu braucht es natürlich Beweise. Einige dieser Elemente waren 2002 in Südkorea übrigens auch schon zu beobachten. Die Katarer sind eben nur noch dreister und damit effektiver.


Wenn nun gemeckert wird, Katar 2015 sei schlimmster Kommerz, pflichte ich solchen Aussagen uneingeschränkt bei. Ich habe mich vor Ort teilweise richtiggehend geekelt. Doch was ist guter und was ist schlechter Kommerz? Welche Instanz kann darüber urteilen? Noch einmal: Die Katarer haben sich bei der Zusammenstellung ihrer Mannschaft an die bestehenden Regeln gehalten. Nicht mehr und nicht weniger. Dass das in vielen anderen Punkten rund um die WM nicht unbedingt der Fall war, ist ebenso deutlich zu erkennen. Zu allen Vorwürfen lassen sicher immer auch Beispiele aus diesem Jahrhundert finden, dass die angeprangerten Punkte schon einmal so oder ähnlich umgesetzt wurden - oft subtiler.


Richtig verarscht wurden gestern offenbar deutsche Fans, die trotz gültiger Eintrittskarte nicht in die Halle gelassen wurden. Das kann ich nicht bestätigen, denn ich bin ja nicht mehr vor Ort. Ich kann nur wiederholen, was zu diesem Thema zu hören war. Die Organisatoren sollen massenweise Fans ohne Ticket zum Spiel gelassen haben, um keine Lücken auf den Rängen zu haben. Plötzlich war die Halle wohl voll und alle noch draußen befindlichen Handballfreunde sollen außen vor geblieben sein. Wenn dies so stimmt, hoffe ich, dass der DHB sich vehement dafür einsetzt, dass die weitgereisten Anhänger sehr großzügig entschädigt werden. Im Gegensatz zu den anderen Punkten habe ich von solch einem Organisationsverhalten noch nicht gehört.

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Der König ist tot. Die Karawane zieht weiter.

Es ist einiges los in Katar. Nebenan ist der König mit über neunzig Jahren gestorben. Das scheint ein Ereignis von immenser Wichtigkeit zu sein. Nicht nur hier, sondern auch in Großbritannien, was dort teilweise kritisch gesehen wird. Hatten die Briten beispielsweise auch für Francois Mitterand oder Willy Brandt, immerhin Nobelpreisträger, bei dessen Tod die Flaggen auf Halbmast gesetzt? Ich weiß es nicht. Fände ich aber interessant zu wissen. Werden sie es gar für Fidel Castro tun? Auf Kuba dürfen Frauen natürlich am Lenkrad eines PKW sitzen, ohne dafür belangt zu werden. Saudi-Arabien ist hingegen bekanntlich einer der Staaten, der nicht nur in Sachen Frauenrechte ganz hinten anzutreffen ist.


Der Nachfolger des toten Königs wurde schnell gefunden. Der nächste Greis ist an der Macht. Der bringt es auf 79 Jahre und ist durch einen Schlaganfall aus dem letzten Jahr sichtlich angeschlagen. Interessant sind dabei zwei weitere Punkte. Eine saudische Flagge wird niemals auf Halbmast gesetzt, da immer auch das islamische Glaubensbekenntnis auf dieser abgebildet ist. Und noch einmal zurück zu den Briten. Die lagen vor fünfzig Jahren mit den Saudis ordentlich im Clinch. Der Grund ist natürlich ein ökonomischer. Die britischen Ölfirmen (BP) hatten beste Verbindungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), die amerikanischen zu den Saudis.


Den Refrain des Karnevalliedes der Höhner habe ich mir erlaubt, ein wenig zu ändern. Der neue König ist also schon da. Die Karawane kann weiterziehen. Abdullah ibn Abd al-Aziz Al Saʿud starb an einer Lungenentzündung wie auch sein Vorgänger. Mit der Lunge ist also auf der Halbinsel nicht zu spaßen und auch ich liege hustend mit Fieber in einem abgedunkelten Raum. Allerdings rechne ich nicht mit meinem baldigen Ableben. Das wird sich wieder einrenken.


Der Zufall wollte es, dass gestern Saudi-Arabien auf Deutschland bei der Handball-WM traf. Ebenso wie die deutsche Auswahl darf das Königreich nur aufgrund einer sehr umstrittenen Wildcard teilnehmen. Der Hintergrund ist, dass die eigentlich qualifizierten Bahrain und Vereinigten Arabischen Emirate aus politischen Gründen zurückzogen. Politische Gründe? Um es mal so zu sagen: Katar gilt als Förderer der muslimischen Brüderschaft in diversen Staaten. Bahrain und die VAE bekämpfen diese.


Es ergab sich folglich die Chance, zwei Wildcards zu verteilen. Island bekam eine, die man damit begründete, dass deren Mannschaft nur knapp an der Qualifikation gescheitert war, also aus Leistungsgründen. Bei Saudi-Arabien kann davon keine Rede sein. Der Vizemeister Asiens ist Südkorea. Die Saudis stellen eine dritt- oder viertklassige Mannschaft, die bei so einem Turnier nichts zu suchen hat. Doch scheinbar wollte man dem großen Nachbar aus strategischen Gründen beim Turnier unbedingt dabei haben. So funktioniert also die Wildcard-Vergabe beim IHF, dem Welthandballverband.


Dass Deutschland ebenso eine Wildcard erhielt, war der nächste Skandal, denn dafür wurde das qualifizierte Australien mit fadenscheinigen Gründen aus dem Turnier entfernt. Man konnte sich beim IHF wohl nicht vorstellen, das Turnier in Katar ohne den weltgrößten Nationalverband durchzuführen. Deshalb mussten die Australier dran glauben. Immerhin ist das deutsche Team im Gegensatz zu den Saudis in der Lage mitzuhalten und wie wir nun wissen auch weit mehr als das.


Auf das gestrige Match weiter einzugehen erübrigt sich fast. Dagur Sigurdsson hatte eine erste Änderung an seinem Kader vorgenommen. Fabian Böhm musste dem Magdeburger Matthias Musche weichen. Grund für die Maßnahme war, einen zusätzlichen Linksaußen im Team zu haben. So konnte Uwe Gensheimer die Partie komplett auf der Bank neben seinem Clubkollegen Patrick Groetzki verbringen. Deren Ersatzmänner Musche und Johannes Sellin waren mit je elf Treffern die erfolgreichsten Schützen auf dem Feld.


Sigurdsson ließ fast nur den den erweiterten Kreis seiner sonstigen Starting 7 ran, lediglich Martin Strobel mischte anfangs noch mit. Silvio Heinevetter stand die gesamte Spielzeit über im Tor. Die Mannschaft gewann klar mit 36:19. Saudi-Arabien bot keinen Feldspieler mit über 1,85 m auf. Das sagt schon alles.


Aus gesundheitlichen Gründen war ich gestern und vorgestern nicht in der Halle und verpasste so die Trauerminute für den verstorbenen König. Saudi-Aarabiens Karawane zieht weiter in den President's Cup und wird darum kämpfen nicht Letzter des Turniers zu werden, was eine Überraschung wäre.


Die Truppe von Sigurdsson trifft am Montag im Achtelfinale auf Ägypten, das für mich etwas überraschend gegen Island zum Abschluss der Gruppenphase unterlag und deshalb noch auf Rang vier rutschte. Die Nordafrikaner können ein sehr unangenehmer Brocken werden. Den Schweden haben sie einen Punkt in der Vorrunde geklaut.

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Wir sind "Fan"-Söldner und haben großen Spaß - eine kritische Analyse

Sicherlich habt Ihr von den angeheuerten spanischen Fans gehört, die bei den Spielen der katarischen Mannschaft für Stimmung sorgen. Ich hatte angekündigt darüber etwas zu schreiben, musste aber vorher noch Informationen einholen, was ziemlich zeitaufwendig war. Zudem habe ich diesbezüglich ein Interview mit einer Fanszene in Deutschland geführt, die eigentlich das Copyright auf diese Idee haben sollte, welches aber an dieser Stelle noch nicht veröffentlicht wird.


Nun ist es nicht so, dass das alles neu wäre, was hier passiert. Menschen, die gegen Bezahlung positive Stimmung verbreiten, werden Claqueure genannt. Wie bei so vielem Kulturellen liegt der moderne Ursprung dieser Beschäftigung in der Hauptstadt Frankreichs, genauer gesagt, rund um die Pariser Oper und den Theatern der Metropole.


Das Thema wurde auch von der UFA aufgegriffen und erhielt 1967 einen ganz neuen Anstrich, als iranische Geheimdienstmitarbeiter und deren Angehörige in Berlin den Schah jubelnd begleiteten und andersdenkende deutsche Studenten gewalttätig mit Dachlatten, Knüppeln und Totschlägern unter Beobachtung der deutschen Polizei verprügelten. Der heute gängige Begriff des Jubelpersers war geboren.


Auch beim Fußball sind Claqueure seit Jahrzehnten üblich. 1978 wurden beispielsweise Behördenmitarbeiter in die argentinischen WM-Stadien der Militärdiktatur geschickt, um die sonst leeren Tribünen zu füllen. Bei der vorletzten Fußball-WM in Südafrika waren es die Nordkoreaner, die mangels „ausreisewürdiger“ Fans, Chinesen anheuerten und dabei auf helle Begeisterung stießen.


Außerhalb des Sports bietet sich zudem ein großes Betätigungsfeld. Es sind in der Regel Konzerte, für die Einsätze gebucht werden. Ganz offen bieten Agenturen ihre Dienste im Internet an. Doch die Aktion selbst sollte geheim bleiben, damit die Glaubwürdigkeit der Künstler gewahrt bleibt. Es mag sein, dass ohne diese Manipulationen der Allgemeinheit einiges nur schwer Erträgliche erspart geblieben wäre.


Nun haben sich die Katarer dieser Methode bedient und stießen damit erst einmal auf Kritik. Doch wie gesagt, neu ist daran wenig. Cirka fünfzig Fans haben sie aus Spanien einfliegen lassen. Etwa die Hälfte stammt aus Cuenca, einer Stadt, die etwa 180 Kilometer nördlich von Madrid im Herzen Spaniens liegt.


Beim dortigen Handballclub war Zupo Equisoain jahrelang Trainer. Dieser wurde im letzten Jahr vom aktuellen Coach Katars Valero Rivera überzeugt, Juniorentrainer auf der Halbinsel zu werden. Rivera soll es auch gewesen sein, der die Idee hatte, spanische Fans zur Unterstützung seines Teams anzuheuern, damit überhaupt eine Heimatmosphäre entstünde.


Equisoain hat natürlich Kontakte zum Fanclub in Cuenca und nutzte diese. Schnell waren Teile der 2005 gegründeten La Peña Furia Conquense bereit unter gewissen Voraussetzungen mit allem Tara, die Weltmeisterschaft in Katar zu unterstützten. Blasinstrumente und Trommeln wurden eingepackt, denn die Organisatoren waren bereit, Hotel, Flug, Eintrittskarten und ein tägliches Taschengeld in Höhe von 100 Rial (etwa 20 Dollar) für jedes Mitglied der Reisegruppe zur Verfügung zu stellen.


Alles in allem dürften sich die Kosten für die Profi-Fans auf weit über 100.000 Euro belaufen. Am Mittwoch spielten die Katarer gegen Spanien, was die Fans aus Cuenca vor eine schwierige Aufgabe stellte.


Gegen das eigene Team zu agieren, was der Vertrag mit den Organisatoren vorsieht, ging ihnen dann doch ein wenig zu weit. Zumindest dem Teil der Gruppe, der aus Cuenca kommt. Deshalb entschloss sich die „ La Peña Furia Conquense“ auf das katarische Outfit „aus Respekt vor Spanien“ zu verzichten und allgemein die Stimmung in der Halle einzuheizen. Was auch gelang. Welche von den anderen großen „Fangruppen“ (Fotos unten) nun allerdings wirklich aus Handballanhänger Katars besteht oder aus weiteren Claqueuren, ist nur schwer zu verifizieren.


Ein Grund für das Verhalten der La Peña Furia Conquense mag auch die Krtik aus der Heimat gewesen sein, in der die 'Fans' oft als Verräter bezeichnet werden. Die Gruppe selbst ging von Anfang an sehr offen mit dem Thema um und bekannte sich zu ihren Verpflichtungen. Selbstironisch und ehrlich bezeichneten sie sich von Beginn als Söldner und so war die Aktion schon vor dem WM-Start in den spanischen Medien allgemein bekannt. Es war also keinesfalls investigativer Journalismus, der die Katarer entblößte.

 

Die Fans sehen ihre Aktion als große Gaudi. Sie besuchen Spiele der WM, haben ihren Spaß bei Ausflügen oder am Pool. Diesen teuren Spaß über drei Wochen hätten sie sich ansonsten wohl kaum gegönnt beziehungsweise leisten können.


Soweit die Lage aus Sicht der La Peña Furia Conquense. Was ist allgemein von der Aktion zu halten? Die Katarer haben hier eine Weltmeisterschaft der Superlative auf die Beine gestellt. Drei Hallen wurden in kürzester Zeit auf dem Rücken unzähliger Arbeiter gebaut und verwöhnen Spieler, Journalisten wie auch Zuschauer mit allem technischen Schnickschnack, der vorstellbar ist.


Zudem haben sich die Gastgeber eine Mannschaft zusammengekauft, die zwar so gut wie gar nicht aus heimischen Spielern besteht, aber in der Lage sein sollte, zumindest das Viertelfinale zu erreichen. Da passt es aus katarischer Sicht hervorragend, die nötigen Fans dazuzukaufen.Genau das ist geschehen.


Es wundert nicht, dass von den hiesigen Gastarbeitern es niemanden verblüfft, dass Fans eingeflogen wurden. Dieses Verhalten wird sozusagen als alltägliches soziales Verhalten der Oberschicht registriert: Warum nicht kaufen, was man nicht hat?


Die Aufgabe der Weltmeisterschaft besteht vor allem daraus, Marketing für Katar zu betreiben. So wird den Journalisten und der Weltöffentlichkeit Wüstensand in die Augen gestreut. Die Katarer erklimmen mit ihren Maßstäben eine neue Stufe - bei fast allen diesen Punkten des Turniers. Es sind Wochen des Gigantismus - zumindest für den Handball.


Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat der deutsche Handballbund ausgewählte Freunde der Nationalmannschaft eingeladen. Diese sind allerdings schon lange dem DHB verbunden und daher ist diese Werbemaßnahme mindestens zwei Stufen unter der Aktion der Katarer einzuordnen. Schlimmer wiegt hingegen der Verdacht, dass Journalisten auf Kosten der katarischen Veranstalter in Doha weilen.


Für die Fans in Deutschland ist der Zustand in Katar zwar der nächste Beweis, dass ohne sie Sport nicht funktioniert. Allerdings sind sie auch das Beiwerk der Zirkuswelt des Sports, der durch das Fernsehen weltweit verbreitet wird. Ohne sie funktioniert die Show nicht, sie sind aber alle auch Teil der Show. Sie lassen sich einbinden von Moderatoren, von Stadion/Hallenmusik, von Toreinspielungen etc. - ob in der Bundesliga oder in Katar. Sie funktionieren auf Zuruf und haben zumindest in Katar immer gute Laune. Das alles wird akzeptiert - es gehört zum Event.


Insofern ist der Gedanke, sich als Fan kaufen zu lassen, nicht so weit entfernt, von dem, was Sport heutzutage in der Spitze ausmacht und deshalb ist das Verhalten der Katarer nur konsequent, aus deren Sicht fast schon logisch zwingend. Wenn alles kaufen zu kaufen ist, warum dann nicht auch vorgetäuschte Gefühle, etc.. Der Sport und die Fans sind lediglich das willkommene Vehikel, das die Botschaft der Freude und Ausgelassenheit in die Welt transportiert – das ist perfektes Marketing. Da sind selbst 250 Millionen gut angelegtes Geld - so hoch ist das Budget der WM.


Die spanischen Fans meinen, das konterkarieren zu können. Natürlich seien die Gefühle nicht echt und daher wenig wert, frei nach dem deutschen Schlager: „Ich bin froh auf der Welt zu sein, sagt die Biene zum Stachelschwein“. Es ist alles nicht so wichtig, lautet deren Botschaft - vor allem man ist da und hat Spaß daran.


Zur allgemeinen Entwicklung des Sports plane ich in der nächsten Woche einen weiteren langen Artikel. Katar wird für 2022 ein Problem bekommen, ein leistungsfähiges Team aufzustellen, da die Spielberechtigungsregeln der FIFA härter als die der IHF sind. Doch sind diese noch zeitgemäß?


Da allgemein angefragt wurde: Natürlich ist 'Werbung', jede Empfehlung dieses Blogs gerne gesehen. Macht dafür Werbung in Foren, Verteilern und so weiter. Kein Problem, ich freue mich - jederzeit auch über Kritik.


Wo ich schon bei Marketingmaßnahmen bin: Hier der Link zum Podcast zur heutigen Radiosendung. Meinerseits leider mit vielen Ähms und Öhms ... . Wie sagt ein alts Sprichwort so schön: Übung macht den Meister.

 

Zu dem Interview mit den Göttinger Fans: Ich hoffe, es Euch in den nächsten Tagen zur Verfügung stellen zu können. Es ist sehr interessant.

Handball-WM Katar 2015
Die La Peña Furia Conquense sorgt für Trubel und Heiterkeit
Handball-WM Katar 2015
Die Halle war an dem Abend mit fast 10.000 Zuschauern gut gefüllt
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Katarische Ultras am Werk - oder der nächste Fake?
Handball-WM Katar 2015
Fan-Sein in Katar bedeutet offenbar vor allem auch Mann-Sein
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Deutschland praktisch Gruppensieger dank eines überragenden Carsten Lichtlein

Die DHB-Auswahl bleibt auch nach vier Spieltagen ungeschlagen und sicherte sich mit einem 28:23 (13:14) praktisch schon den Gruppensieg, denn am letzten Spieltag geht es gegen das chancenlose Saudi-Arabien. Alles andere als ein deutlicher Sieg der deutschen Mannschaft wäre eine Sensation, so als ob der der Gründungsverein des DFB und der Handball-Bundesliga, der SV St. Georg, einen Champions-League-Teilnehmer besiegen würde, gleich in welcher der beiden Sportarten.


Carsten Lichtlein begann im Tor. Zum ersten Mal bei diesem Turnier stand er die komplette Spielzeit auf dem Feld. Die Entscheidung des Trainers Dagur Sigurdsson sollte sich lohnen, denn mit 39 Prozent gehaltener Bälle wurde der Gummersbacher zum entscheidenden Faktor.


Die deutsche Mannschaft kam gut in die Partie und setzte sich auch in Unterzahl oft vor dem gegnerischen Tor durch. Doch diese Strafzeiten sollten im Spielverlauf eine andere Wirkung zeigen. Schon in der fünfzehnten Minute musste Steffen Weinhold ein zweites Mal auf die Bank. Sigurdsson setzte seinen besten Rückraumspieler in der Folge erst einmal nur noch temporär ein.


Auf der Gegenseite folge ein früher Torwartwechsel schon in der 21. Minute, da Matias Schulz nur einen einzigen von elf Würfen gehalten hatte. Trotz des schwachen Keepers auf der Gegenseite hatte die deutsche Mannschaft erhebliche Probleme.


Die Argentinier spielten die Überzahlsituationen nun besser aus und gingen in der 17. Minute erstmals in Führung. Die Atmosphäre auf dem Feld wurde giftiger, auf den Rängen hitziger. Lichtlein hielt sein Team mit Paraden im Spiel, sodass es zur Pause nur 13:14 für den Außenseiter stand.


Weinhold hatte wie Uwe Gensheimer zu diesem Zeitpunkt erst einmal getroffen, was ein krasser Gegensatz zu den ersten Spielen war. Die argentinische Deckung hatte lediglich, aber dort wie vorausgesagt, am Kreis größere Probleme. Patrick Wiencek war mit vier Treffern der beste deutsche Schütze.


Die Argentinier verteidigten sehr aggressiv, gingen früh den balltragenden Spieler an und ließen die Außen der Deutschen nicht zur Entfaltung kommen.


Mit Beginn des zweiten Durchgangs war auch Weinhold wieder öfter auf dem Platz zu sehen, wenn der Ball im Besitz seiner Kollegen war. Je länger das Spiel andauerte, hatte man das Gefühl, dass die Kräfte bei den Argentiniern schwanden. Hinzu kamen einige sehr umstrittene Schiedsrichterentscheidungen, die beiden Seiten Nerven kosteten, aber aufseiten des Außenseiters mehr als auf deutscher.


Die Argentinier hielten die Partie bis zur 50. Minute offen. Doch in der Schlussphase häuften sich Unkonzentriertheiten und damit häufige Ballverluste. In den letzten sechs Minuten gelang ihnen nur noch ein Treffer. Somit gewann die deutsche Auswahl am Ende klar.


Morgen folgt nun wie lange angekündigt der Bericht über die spanischen Leih-Fans, die von den Kataris eigens zum Support eingeflogen worden sind. Außerdem darf ich auf eine Sendung um 10 Uhr bei meinsportradio.de hinweisen, zu der ich erneut eine Schalte haben werde. Um 14 Uhr wird eine Wiederholung folgen.

Handball-WM 2015 Katar
Der kleine argentinische Fanblock hatte in der Pause nicht nur aufgrund des Spielstands richtig gute Laune
Handball-WM 2015 Katar
Angespannter zeigten sich die deutschen Fans. Der Mann mit der Trommel vorne ist einer von zwei Österreichern, die in Auszeiten und Pausen für gehörigen Krach sorgen.
Handball-WM 2015 Katar
Ansonsten hielt sich das allgemeine Interesse in engen Grenzen. Die offizielle Zuschauerzahl von 5.500 kann getrost ignoriert werden.
Handball-WM 2015 Katar
Auf den gemütlichsten Plätzen war sogar Platz für den Nachwuchs
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Vorschau Argentinien: Am Fuß Weltklasse, mit der Hand Panamerika-Sieger

Gestern nahm Dagur Sigurdsson noch einmal Stellung zur Partie gegen Dänemark. Mit dem Punktgewinn war er natürlich sehr zufrieden. Er hätte Angst gehabt, „ob sein Team die ersten fünfzehn, zwanzig Minuten überlebt und in die Halbzeit kommt.“ Damit spielte er auf den Kraftaufwand in den ersten zwei Partien an.


Das hat bekanntlich geklappt und mittlerweile habe sein Team „genug Selbstvertrauen, um gegen Dänemark zu kämpfen.“ „Es hätte kippen, aber wir hätten auch gewinnen können.“ Heraus sprang ein Remis, womit dem deutschen Team zum Gruppensieg nur noch zwei Siege fehlen. Neben der Pflichtaufgabe gegen Saudi-Arabien, geht es heute erst einmal gegen Argentinien.


Sigurdsson wies gestern auf die unangenehme offensive Deckung des kommenden Gegners hin. 23 Prozent seiner Turniertore hat Argentinien durch Tempogegenstöße erzielt. Daran beteiligt sind vor allem die Außenspieler Federico Fernandez und Federico Pizarro. Es sind in der Regel die zwei einzigen Spieler aus der Starting Seven, die in ihrem Heimatland spielen.


Ansonsten ist Frankreich der bevorzugte Arbeitsort der besten Profis von Trainer Eduardo Gallardo, der seit 2007 für den nationalen Verband tätig ist. Erst agierte er als Co- und Juniorentrainer und seit 2011 ist er hauptverantwortlich für die Nationalmannschaft.


Bei Dänemark waren es die Toft-Brüder am Kreis, Argentinien bietet gleich drei auf. Diego, Pablo und Sebastian Simonet bilden das Gerüst des Rückraums, der aber zugleich eine der Schwächen der Mannschaft ist. Ihr fehlt es schlicht an Durchsetzungswucht, an Größe und Masse. Die Brüder bringen 1,89 m an den Zollstock, keiner des gesamten Teams ist größer als 1,97 m. Vor allem gegen die Riesen Hendrik Pegeler und Patrick Wiencek werden es die Kreisläufer schwer haben, Räume für ihre Hintermänner zu schaffen.


Die Hoffnung liegt vor allem auf Diego Simonet, dem Sigurdsson bescheinigt „ein sehr guter Mittelmann zu sein“. Der Spielmacher der Mannschaft führte in der letzten Saison seinen Club Montpellier AHB in das Finale des EHF-Cups, wo es eine knappe Niederlage gegen Szeged setzte, das wiederum vorher die Füchse im Halbfinale gestoppt hatte.


Die Mannschaft kennt sich seit Jahren. Viele Spieler waren unter dem gleichen Trainer vor acht Jahren bei der Junioren-Insel in Bahrain bis ins Halbfinale vorgestoßen. Auf dem Kontinent konnte man Brasilien deren Vormachtstellung abknöpfen. Die letzten drei Panamerikanischen-Meisterschaften gingen an die Argentinier - zuletzt deklassierte man den Nachbarn aus dem Norden dabei sogar mit 30:19.


In Katar überraschten sie zum Auftakt mit einem Remis gegen Dänemark. Es folgten eine Niederlage gegen Polen und ein Sieg gegen Saudi-Arabien. Ob die nächste Runde erreicht werden kann, wird vor allem von der letzten Partie gegen Russland abhängen. Vieles spricht dafür, dass dann ein Remis reicht. Mit einem Überraschungssieg gegen Deutschland wäre das Achtelfinale sogar vorher schon erreicht.


Die deutsche Auswahl ist aber der Favorit nach den bisher absolut überzeugenden Leistungen: 4 vor.


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Deutschland nach Festival gegen Dänemark vor dem Gruppensieg

Im bisher besten Match der WM wurden die Punkte zwischen Dänemark und Deutschland am späten Abend gerecht verteilt. Die Fans feierten zwei sehr engagierte Teams, die sich am Ende 30:30 trennten. Damit steht die deutsche Auswahl kurz vor dem Gruppensieg.


Dagur Sigurdsson stellte heute erstmals Carsten Lichtlein von Beginn an ins Tor. Dieser hatte gleich ordentlich zu tun, denn es entwickelte sich ein sehr temporeiches Spiel, in dem die Dänen nach Gegentoren immer wieder versuchten durch die schnelle Mitte zu Toren zu kommen.


Ball um Ball landete in beiden Toren. Torjäger Mikkel Hansen (6 Tore) wurde von der deutschen Defensive immer wieder in die kurze Deckung genommen. Dessen Trefferquote wurde so auf 55 Prozent minimiert. Ein Knackpunkt im dänischen Spiel war die zweite Zeitstrafe gegen Rene Toft Hansen (2 Tore), die dieser schon in der 25. Minute erhielt. Danach gelang diesem kein Tor mehr.


Zur Pause stand es 16:16. Auffällig war, dass Uwe Gensheimer und Steffen Weinhold mit zusammen neun Treffern erneut für über 50 Prozent der Erfolgserlebnisse verantwortlich zeichneten. Bei den Dänen hatte zu diesem Zeitpunkt kein Akteur mehr als drei Tore erzielt.


Die Stimmung in der Halle war ausgezeichnet. Zwei große Fanblöcke machten Dampf. Andererseits ist man auf niedrigem Niveau diesbezüglich auch recht schnell befriedigt, wenn man die meisten anderen Spiele der WM als Maßstab heranzieht. Die offizielle Zuschauerzahl wurde mit 2.000 angegeben. Das mag hinkommen.


Doch zurück zum Geschehen auf dem Feld, welches im zweiten Durchgang an Dramatik gewinnen sollte. Silvio Heinevetter löste mit Wiederbeginn Lichtlein ab. Übrigens sollte heute keiner der vier agierenden Torhüter auf eine Quote von dreißig oder mehr Prozent gehaltene Bälle kommen.


Man hatte das Gefühl das Tempo würde von den Dänen noch einmal angezogen werden, da das deutsche Team sich eine Führung von drei Toren erkämpfte – nach einem Treffer des wurfgewaltigen Weinholds (8 Tore) in der 51. Minute zum 27:24.


Die Dänen gaben sich zu keinem Zeitpunkt geschlagen, erzwangen durch Hansen und Hans Lindberg zweimal den Ausgleich. Als Letzterer eineinhalb Minuten vor dem Ende gegen Lichtlein, der in der 57. Minute wieder zu seinem Arbeitsplatz zurückgekehrt war, per Strafwurf traf, wurde es noch einmal ganz eng für die deutsche Mannschaft. Denn sie musste bis zum Schlusspfiff in Unterzahl agieren.


Nun offenbarte sich der Unterschied zwischen einem guten international erfahrenen Team und manch anderer Mannschaft bei diesem Turnier. Lichtleins Vorderleute schafften es tatsächlich, den Ball bis zum Ende nicht mehr herzugeben. Gestern hatte ich bei ähnlichen Situationen den Iran beobachtet, der regelmäßig schon nach dreißig Sekunden das Spielgerät wegen Zeitspiels abgeben musste.


Die vermeintlich leichtesten Gegner der Gruppe warten nun auf die deutsche Mannschaft. Am Donnerstag geht es gegen Argentinien, zum Vorrundenabschluss am Samstag gegen Saudi-Arabien. Zwei Siege wären gleichbedeutend mit dem Gruppensieg. Bei einem Punktverlust gegen Argentinien würde voraussichtlich das Torverhältnis über diesen entscheiden.

Handball-WM Katar
Der dänische Fanblock in vollen Farben mit Kreuz - dem Dannebrog.
Handball-WM Katar 2015
Der deutsche Fanblock war keinesfalls kleiner, nur nicht so auffällig in den Farben.
Handball-WM Katar 2015
Man beachte die erneut recht einseitige Torverteilung beim deutschen Team in der ersten Hälfte
Handball-WM Katar 2015
Die Ehrenplätze waren zur Abwechslung mal gut besucht - war ja auch ein Klassiker auf dem Feld zu sehen.
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Vorschau auf das Spitzenspiel Dänemark - Deutschland

Heute Abend geht es um den Gruppensieg - keine Frage. Ein Punkt würde dem deutschen Team dazu voraussichtlich reichen. Dann könnte sich die Mannschaft wohl einen weiteren Punktverlust gegen Argentinien leisten. Der letzte Gegner Saudi-Arabien wird dann lediglich eine besonders niedrige Hürde darstellen.


Die Ausgangslage ist also vor dem dritten Spiel optimal, da die Dänen selbst überraschend gegen Argentinien einen Punkt zum Auftakt abgaben. Das kann passieren und wird im Königreich nicht als besondere Belastung gesehen.


Bundestrainer Dagur Sigurdsson lobte gestern auf der Pressekonferenz seine bislang stabile Abwehr und die gute Torhüterleistung. Er mahnte aber auch, dass „ein Angriffsspiel ohne Biss gegen Dänemark tödlich ist, weil die Dänen dies schnell mit Gegenstößen bestrafen.“ Die Dänen seien in dieser Kategorie wohl das beste Team der Welt.


Dabei wird Sigurdsson insbesondere an die pfeilschnellen Außen gedacht haben. Mit Anders Eggert, Casper Mortensen, Hans Lindberg und Lasse Svan ist das Team auch in der Tiefe auf diesen Positionen exzellent besetzt. Das wird heute ein interessanter Vergleich mit Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki werden. Auf tolle Zweikämpfe dürfen sich die Fans freuen.


Doch es sind nicht nur die Konter und Außen, die den dänischen Fans Freude bereiten. Das Team ist gespickt mit Stars, die zur Elite des europäischen Handballs gezählt werden. Das beginnt mit Niklas Landin im Tor, führt über Mikkel Hansen im Rückraum und endet bei den Toft-Brüdern bzw. Jesper Noddesbo am Kreis.


Die dänische Mannschaft gehört seit Jahren zur absoluten Weltelite. Bei den letzten neun Europa- und Weltmeisterschaften kam das Team immer unter die ersten Fünf, landete dabei sieben Mal auf dem Treppchen und holte zwei Kontinentaltitel. Einzig der Sprung nach ganz oben bei einer Weltmeisterschaft oder Olympischen Spielen fehlt noch. Bei den letzten zwei Weltmeisterschaften verloren die Skandinavier das Endspiel.


Im letzten Frühjahr wurde der Trainer gewechselt. Ulrik Wilberg beendete seine erfolgreiche Ära und wurde durch Gudmundur Gudmundsosn ersetzt. Der Isländer gewann als Coach mit seinem Heimatverband 2010 Bronze bei der EM in Österreich und 2013 mit den Rhein-Neckar Löwen den EHF-Pokal. Der 54-Jährige lässt nun aggressiver verteidigen als sein Vorgänger und will so das noch fehlende Quäntchen herauskitzeln.


Zum Auftakt gegen Argentinien kamen die dänischen Stärken noch nicht zum Tragen. Es reichte gerade einmal zu zwei Tempogegenstoßtoren. Das muss sich ändern, will man gegen die so schwungvoll gestartete DHB-Auswahl bestehen. Die Torausbeute von Torjäger Hansen wurde ebenso auf zwei Tore von den Argentiniern limitiert. Der anschließende Spaziergang gegen Saudi-Arabien wurde im Schongang erledigt. Der sich daraus ergebende Vorteil Kräfte gespart zu haben, könnte heute Abend den Ausschlag geben.


Trotzdem hat Sigurdsson natürlich nach den zwei Siegen gegen Polen und Russland allen Grund von einem Duell auf Augenhöhe zu sprechen, welches „von der Tagesform entschieden wird.“ Ich sehe das ein wenig anders und denke, dass Dänemark weiterhin in der Favoritenrolle steckt. Mein Tipp lautet deshalb auch 3 vor für Dänemark. Vor allem dürfen sich die Zuschauer auf eine stimmungsvolle Halle freuen, denn es sind auch zahlreiche dänische Fans in der Stadt.


Anwurf ist heute ausnahmsweise um 19 Uhr MEZ. Alle anderen deutschen Spiele der Vorrunde starten um 17 Uhr. Der übertragende Pay-TV-Sender Sky zeigt sich mit den Einschaltquoten bislang sehr zufrieden. Was den Verdacht weckt, dass die Verantwortlichen einen guten Riecher für Lücken besitzen.

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Sensation: Es regnet! Erwartet: Deutschland schlägt Russland

Nun weiß ich nicht, welche Nachricht den größeren Stellenwert hat. In Doha hat es heute geregnet. Beweisfoto folgt später. Ich muss erst noch anderes mitteilen. Deutschland schlägt Russland im zweiten Gruppenspiel ganz knapp mit 27:26 (9:13).


Beide Teams hatten ihr erstes Gruppenspiel gewonnen. Die Russen mussten allerdings auf Torhüter Vadim Bogdanov verzichten. Im deutschen Tor begann erneut Silvio Heinevetter. Heute erwischte er einen besseren Start, wehrte er doch gleich einen Siebenmeter ab.


Auftrieb gab das dem deutschen Team aber nicht. Es hatte arge Probleme im Abschluss und im weiteren Verlauf der ersten Hälfte zunehmend im Aufbau. Trotz einiger Überzahlsituationen klappte das Kreuzen zu selten, wurde allgemein zu statisch und hektisch agiert. Die Russen verteidigten exzellent und schufen sich so einige Konterchancen, die allesamt konsequent genutzt wurden.


Ein Pausenrückstand von vier Toren war die Folge. Wie in der Vorschau beschrieben, schafften es die Russen flexibel zu agieren und sich am Kreis teils durch wunderbare Anspiele freie Schussmöglichkeiten zu verschaffen. Sieben verschiedene Torschützen waren zu diesem Zeitpunkt auf russischer Seite auf dem Spielberichtsbogen zu finden, wobei keiner mehr als drei Treffer erzielt hatte.


Auf der anderen Seite des Berichts hingegen stach Uwe Gensheimer mit vier Toren hervor, zwei steuerte Steffen Weinhold ein. Das Duo zeichnete also für zwei Drittel der deutschen Tore verantwortlich.


Lediglich 500-1000 Zuschauer beobachteten das Treiben in der Halle. Die Oberränge waren zu großen Teilen abgeklebt. Der russische Fanblock bestand aus nicht mehr als zwei Dutzend Fans. Die deutschen Anhänger waren in der Überzahl und doch hatte ich den Eindruck, dass zum Auftakt gegen Polen mehr in der Halle gewesen waren. Hat die Abreise des FC Bayern doch irgendeinen Einfluss?


Mit Schwung kam die deutsche Auswahl aus der Kabine. Blitzschnell war der Rückstand egalisiert. Alles, was in der ersten Hälfte nicht geklappt hatte, funktionierte nun. Die Angriffe hatten mehr Tempo, Positionen wurden gewechselt und die russische Abwehr so auseinandergezogen. Folge waren freie Würfe, speziell am Kreis war das Team nun präsenter. Auch andere als Gensheimer trugen sich nun regelmäßig in die Torschützenliste ein.


Die Partie wurde härter. Die beiden Berliner Clubkollegen Konstantin Igropulo und Silvio Heinevetter (Füchse Berlin) gerieten nach einem Strafwurf aneinander, da Letzterer dem Gegenspieler vorwarf, den Ball zu nah an seinem Kopf vorbei geworfen zu haben.


Die deutsche Mannschaft hatte einen 10:4-Lauf, führte also mit zwei Treffern. Die Russen hielten dagegen und schafften den Ausgleich. Dies hatte den nächsten Schachzug von Coach Dagur Sigurdsson zur Folge. Der Trainer brachte nun doch Carsten Lichtlein, der wie gegen Polen erneut überzeugen konnte. Er und seine Vorderleute bauten den Vorsprung in der 57. Minute auf drei Tore aus.


Das Spiel schien entschieden. Doch der Gegner gab nicht auf. Zwei leichtsinnige Fehler verschafften den Russen schließlich in Überzahl dreißig Sekunden vor Schluss die Chance auf ein Remis. Doch es reichte nicht mehr zu einem Abschluss, womit mein Tipp faaaaast richtig war – ein dezenter Hinweis als kleine Rehabilitation ...


Damit ist das deutsche Team mit mehr als einem Bein im Achtelfinale. Nun spielt es ohne Zweifel um die Plätze eins und zwei in der Gruppe, was wahrscheinlich einen leichteren Gegner in der KO-Runde zur Folge hätte.


Ein Ärgernis bleibt der tägliche Transport. Hinwärts gab sich der mir mittlerweile sehr vertraute Chauffeur, er trug heute erstmals sogar Krawatte, auf dem Weg zur Sammelstelle alle Mühe den allgemeinen Stau per Schleichwege auszutricksen. Hätte auch geklappt. Doch dann war ein Verkehrspolizist im Weg, der uns über fünf Minuten an einer Ampel auf die Weiterfahrt warten ließ, weil er meinte, individuell könne er den Traffic besser steuern.


Nun noch zur Sensation – dem Regen! So besonders ist das aber dann doch nicht. Denn als Hamburger bringe ich das Schietwetter natürlich überall hin mit - sogar in die Wüste. Nach diesem verregneten Winter wundert das wirklich niemanden mehr. Gestern schon fielen erste Tropfen. Heute reichte es sogar für Pfützen. Immerhin ist das Dach des Raumschiffs wetterfest. Das haben sie schon einmal besser hingekriegt als die Stadionbauer in Frankfurt.

Handball-WM Katar 2015
Während einer Regenpause in Doha: Pfützen sind immerhin zum Spiegeln gut
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Der deutche Fanblock nun dort, wo letztes Mal die polnischen Anhänger saßen
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Die russsischen Anhänger wirken hingegen wie ein verlorenes Häufchen
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So sah es heute auf den Ehrenplätzen aus ...
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Vorschau auf das Spiel gegen Russland

Auf der gestrigen Pressekonferenz lobte Dagur Sigurddson sein Team noch einmal: „Wir haben guten Handball gespielt. Wir haben in den schwierigen Phasen der zweiten Halbzeit Charakter gezeigt und in meinen Augen verdient gewonnen.“


Angesichts des nächsten Gegners hat der Bundestrainer allerdings „seit der Auslosung kein richtig gutes Gefühl.“ Der Gegner spiele seit zwei Jahren einen moderneren Handball und sei gut besetzt. Deshalb sieht er die Chancen bei 50 zu 50.


Nach dem Auftaktsieg ist die Erwartungshaltung natürlich gestiegen. Das deutsche Team geht als leichter Favorit gegen den Tabellenführer in die Partie. Der erste Gegner der Russen war kein Gradmesser. Gegen das zweitklassige Saudi-Arabien gewann die Sbornaja locker leicht mit 27:17.


Der russische Kader besteht fast nur aus Spielern, die in Russland oder dem sonstigen Osteuropa ihr Geld verdienen. Eine Ausnahme bilden dabei lediglich Konstantin Igropulo (Füchse Berlin) und Sergey Kudinov (Mainvillers Chartres/FRA).


Die Umstellung des Spielsystems war auch dringend nötig. Das letzte Mal auf dem Podest einer großen Veranstaltung stand das russische Team 2004 in Athen als Bronzemedaillengewinner. Bei den letzten neun großen Turnieren kam man nur zweimal unter die ersten Zehn.


Schon seit gut drei Wochen sind die Russen in Katar. Bei Testspielen gegen den Gastgeber und Serbien wurden die Hallen getestet. Man sieht sich - wie das deutsche Team selbst – in einer Außenseiterrolle. Die Zugehörigkeit zur erweiterten Weltspitze soll aber erreicht werden. Ziel ist die Zulassung zu den Qualifikationsturnieren zu Olympia 2016, also Platz 7.


Die Stärke der Mannschaft ist die Defensive, die auch gegen Saudi-Arabien überzeugte und immerhin neun Tempogegenstöße einleitete, von denen sieben in Treffern mündeten. Zwei Dinge haben sich unter dem neuen Trainergespann Oleg Kuleshov und Alexander Rymanov entscheidend geändert. Das Team spielt erfolgsorientierter, mit mehr Tempo und Zug zum Tor sowie Flexibilität als in den mauen Jahren zuvor, in denen statischer also körperbetonter Handball im Mittelpunkt stand.


Die beiden Trainer, die als Spieler Weltmeister wurden, haben keinen Ausnahmespieler in ihren Reihen. Doch diese Tatsache kann auch eine Stärke sein, da die Mannschaft schwerer auszurechnen ist. Trotz der 27 Tore gegen Saudi-Arabien erzielte kein Spieler mehr als vier Tore.


Auf den gegen die Saudis zwischen den Pfosten gestarteten Vadim Bogdanov müssen die Russen heute allerdings verletzungsbedingt verzichten. Oleg Grams ersetzt den Keeper im Kader und Igor Levshin wird im Tor beginnen. Im ersten Spiel erledigte dieser seine Aufgabe im zweiten Durchgang ganz hervorragend mit 53 Prozent abgewehrter Würfe.


Das Spiel gibt es heute Abend – wie alle anderen deutschen Partien – erneut nur auf Sky gegen Bezahlung zu sehen. Liveticker bieten sich auf verschiedenen Kanälen an- Ich erwarte einen knappen Sieg des deutschen Teams. Mein Tipp: zwei Tore vor.

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Der Schein-Experte

Wer Handballkompetenz erwartet, sollte sofort aufhören zu lesen. Das ist eine von vielen Erkenntnissen des Abends. Der Blick auf meine Vorschau für das heutige Spiel genügt zur Beweisführung. Die deutsche Auswahl schlägt nämlich in ihrem Auftaktspiel Polen verdient mit 29:26 (17:13) und erwischt damit einen optimalen Start in das Turnier. Der Schreiber dieser Zeilen hatte das Gegenteil angekündigt.


Hinter Heiner Brand, der über den Blick in die Kugel sicher nur müde gelächelt hätte, sitzend, stellte ich erst einmal fest, dass entgegen meiner Vermutung Silvio Heinevetter statt Carsten Lichtlein zwischen den Pfosten stand. Das Match begann mit einem munteren Torewerfen. Nach 20 Minuten stand es 10:10. Trainer Dagur Sigurdsson hatte ein Einsehen und wechselte Heinevetter aus. Gerade einmal drei Bälle hatte dieser zuvor halten können. Ab sofort stand nun Lichtlein im Tor und das ohne Unterbrechung bis zum Schlusspfiff.


Ich will nun nicht mit einem lange anhaltenden Spielartikel langweilen. Solche sind in jeder Tageszeitung zu finden. Die deutsche Mannschaft führte zur Pause deutlich, verlor nach Wiederbeginn den Faden (20:20), rappelte sich auch dank eines überragenden Steffen Weinhold auf, der mit neun Toren, der erfolgreichste Schütze auf dem Feld war und gewann zum Ende deutlich mit drei Treffern Differenz. Für mich - wie gesagt - eine Überraschung.


Dabei profitierte die deutsche Mannschaft allerdings auch von der Tatsache, das Karol Bielecki nach einem Zusammenstoß und folgenden zwei Fehlversuchen, den Rest der Partie angeschlagen auf der Bank saß. Der Rückraumriese kam gerade einmal auf sechs Spielminuten.


Eng wurde es zwischendurch nur, weil die Mannschaft in eigener Überzahl hektisch wurde. Alles in allem also ein überzeugender Auftakt für das deutsche Team, das damit auf dem besten Weg ins Achtelfinale ist. Eine Überraschung gab es im anschließenden Match. Dänemark gab gegen Argentinien in den letzten vier Minuten einen Vorsprung von drei Toren und damit einen Punkt ab. Ob das nun die Aufgabe für Sigurdssons Truppe einfacher oder schwerer macht? Es ist viel zu früh, um auf andere Ergebnisse zu schauen.


Ach ja, die Bayern, also die Fußballer, waren auch vor Ort. Manuel Neuer zeigte sich sehr interessiert und am Ende begeistert ob des klaren Erfolgs. Morgen geht es für ihn und Co nach Riad in die Hauptstadt Saudi-Arabiens. Seine Anhänger lernte ich später auch noch kennen, dazu aber später mehr.


Zuvor noch ein paar Worte zu den Fans. Die Stimmung in der Halle war ordentlich. Die Anhänger der polnischen Auswahl hatten sich vor allem auf der Haupttribüne ausgebreitet. Wussten sie da schon, dass der enorm gestiegene Franke ihre Kredite über Nacht verteuert hat? Wie auch immer, sie waren in bester Stimmung, eigentlich auch noch nach der Partie. Die deutschen Anhänger waren breiter gestreut, dennoch nicht leiser. Wenn man mich nach der Zuschauerzahl fragen würde, wäre die Antwort zwischen 3.000 – 3.500. Das ist für eine WM-Vorrundenpartie eine ordentliche Zahl.


Nun noch kurz zu den Bayern-Anhängern. Acht von ihnen saßen plötzlich im gleichen Rückfahrbus. Die Fahrt wurde dadurch informativer, allerdings kaum unterhaltsamer. Es waren die üblichen Fußballprollgeschichten weit gereister Anhänger zu hören. Da heute hier praktisch muslimischer Sonntag und damit der Verkehr reduziert war, hätte der Rückweg zeitlich kürzer sein können. Das war er dann leider doch nicht.


Denn der Busfahrer verfuhr sich kurz vor dem Ziel, da er nicht die Einfahrt zum Radisson Blue, sondern zu einem anderen Hotel nahm. Bis er sich aus der daraus resultierenden Sackgasse herausmanövriert hatte, vergingen zehn Minuten. Ich habe Ähnliches schon öfter von anderer Seite gehört und auch selbst erlebt. Die Fahrer haben große Orientierungsschwierigkeiten, was immer wieder zu Verspätungen führt.


In der Regel üben Gastarbeiter Afrikaner Nepalesen und Inder den Job aus. Natürlich keine Katari. Eine vernünftige Schulung wäre wohl nicht so teuer gewesen. Stattdessen investiert das Land in Protzbauten und ausländische Superstars.


Bis morgen!


p.s.: Dass der katarische Fanblock, den ich gestern erwähnt hatte, ein gekaufter war, ist mir nicht entgangen. Ich plane zu dem Thema noch etwas einen größeren Bericht. Außerdem ist es nicht so, dass ich den Raumschiff in der Wüste Teil II-Artikel so gut finde. Irgendwas streikt derzeit auf der Startseite, weshalb die neuen Artikel dort nicht erscheinen, sondern nur im Archiv. Ich hoffe, dieses Problem ist bald gelöst.

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Als Polen noch nicht verloren war ...
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Seine königliche Hoheit war heute nicht am Start
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Der polnische Fanblock hatte nämlich lieber auf der Haupttribüne Platz genommen
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