Der Schein-Experte

Wer Handballkompetenz erwartet, sollte sofort aufhören zu lesen. Das ist eine von vielen Erkenntnissen des Abends. Der Blick auf meine Vorschau für das heutige Spiel genügt zur Beweisführung. Die deutsche Auswahl schlägt nämlich in ihrem Auftaktspiel Polen verdient mit 29:26 (17:13) und erwischt damit einen optimalen Start in das Turnier. Der Schreiber dieser Zeilen hatte das Gegenteil angekündigt.


Hinter Heiner Brand, der über den Blick in die Kugel sicher nur müde gelächelt hätte, sitzend, stellte ich erst einmal fest, dass entgegen meiner Vermutung Silvio Heinevetter statt Carsten Lichtlein zwischen den Pfosten stand. Das Match begann mit einem munteren Torewerfen. Nach 20 Minuten stand es 10:10. Trainer Dagur Sigurdsson hatte ein Einsehen und wechselte Heinevetter aus. Gerade einmal drei Bälle hatte dieser zuvor halten können. Ab sofort stand nun Lichtlein im Tor und das ohne Unterbrechung bis zum Schlusspfiff.


Ich will nun nicht mit einem lange anhaltenden Spielartikel langweilen. Solche sind in jeder Tageszeitung zu finden. Die deutsche Mannschaft führte zur Pause deutlich, verlor nach Wiederbeginn den Faden (20:20), rappelte sich auch dank eines überragenden Steffen Weinhold auf, der mit neun Toren, der erfolgreichste Schütze auf dem Feld war und gewann zum Ende deutlich mit drei Treffern Differenz. Für mich - wie gesagt - eine Überraschung.


Dabei profitierte die deutsche Mannschaft allerdings auch von der Tatsache, das Karol Bielecki nach einem Zusammenstoß und folgenden zwei Fehlversuchen, den Rest der Partie angeschlagen auf der Bank saß. Der Rückraumriese kam gerade einmal auf sechs Spielminuten.


Eng wurde es zwischendurch nur, weil die Mannschaft in eigener Überzahl hektisch wurde. Alles in allem also ein überzeugender Auftakt für das deutsche Team, das damit auf dem besten Weg ins Achtelfinale ist. Eine Überraschung gab es im anschließenden Match. Dänemark gab gegen Argentinien in den letzten vier Minuten einen Vorsprung von drei Toren und damit einen Punkt ab. Ob das nun die Aufgabe für Sigurdssons Truppe einfacher oder schwerer macht? Es ist viel zu früh, um auf andere Ergebnisse zu schauen.


Ach ja, die Bayern, also die Fußballer, waren auch vor Ort. Manuel Neuer zeigte sich sehr interessiert und am Ende begeistert ob des klaren Erfolgs. Morgen geht es für ihn und Co nach Riad in die Hauptstadt Saudi-Arabiens. Seine Anhänger lernte ich später auch noch kennen, dazu aber später mehr.


Zuvor noch ein paar Worte zu den Fans. Die Stimmung in der Halle war ordentlich. Die Anhänger der polnischen Auswahl hatten sich vor allem auf der Haupttribüne ausgebreitet. Wussten sie da schon, dass der enorm gestiegene Franke ihre Kredite über Nacht verteuert hat? Wie auch immer, sie waren in bester Stimmung, eigentlich auch noch nach der Partie. Die deutschen Anhänger waren breiter gestreut, dennoch nicht leiser. Wenn man mich nach der Zuschauerzahl fragen würde, wäre die Antwort zwischen 3.000 – 3.500. Das ist für eine WM-Vorrundenpartie eine ordentliche Zahl.


Nun noch kurz zu den Bayern-Anhängern. Acht von ihnen saßen plötzlich im gleichen Rückfahrbus. Die Fahrt wurde dadurch informativer, allerdings kaum unterhaltsamer. Es waren die üblichen Fußballprollgeschichten weit gereister Anhänger zu hören. Da heute hier praktisch muslimischer Sonntag und damit der Verkehr reduziert war, hätte der Rückweg zeitlich kürzer sein können. Das war er dann leider doch nicht.


Denn der Busfahrer verfuhr sich kurz vor dem Ziel, da er nicht die Einfahrt zum Radisson Blue, sondern zu einem anderen Hotel nahm. Bis er sich aus der daraus resultierenden Sackgasse herausmanövriert hatte, vergingen zehn Minuten. Ich habe Ähnliches schon öfter von anderer Seite gehört und auch selbst erlebt. Die Fahrer haben große Orientierungsschwierigkeiten, was immer wieder zu Verspätungen führt.


In der Regel üben Gastarbeiter Afrikaner Nepalesen und Inder den Job aus. Natürlich keine Katari. Eine vernünftige Schulung wäre wohl nicht so teuer gewesen. Stattdessen investiert das Land in Protzbauten und ausländische Superstars.


Bis morgen!


p.s.: Dass der katarische Fanblock, den ich gestern erwähnt hatte, ein gekaufter war, ist mir nicht entgangen. Ich plane zu dem Thema noch etwas einen größeren Bericht. Außerdem ist es nicht so, dass ich den Raumschiff in der Wüste Teil II-Artikel so gut finde. Irgendwas streikt derzeit auf der Startseite, weshalb die neuen Artikel dort nicht erscheinen, sondern nur im Archiv. Ich hoffe, dieses Problem ist bald gelöst.

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Der polnische Fanblock hatte nämlich lieber auf der Haupttribüne Platz genommen

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