Doha - Erste Eindrücke

Es begann alles 2004. In jenem Jahr verloren die deutschen Tischtennis-Männer im Endspiel 0:3 gegen Seriensieger China und holten Silber bei der Weltmeisterschaft. Warum ich dies hier erwähne? Diese Weltmeisterschaft war der Auftakt von einer ganzen Serie von Titelkämpfen in Katar. Seither folgten diverse Asienmeisterschaften, wurden Weltmeister gesucht bei den Gewichthebern, bei den Leichtathleten in der Halle, beim Squash und einigen anderen Sportarten. Der Titelkampf im Handball ist nun der nächste Höhepunkt, aber nur ein Zwischenschritt im „Vision 2030“ genannten Konzept des Wüstenstaates.


Denn weitere Weltmeisterschaften in zahlreichen Olympischen Sportarten werden fast jährlich folgen. Darunter sind solche Schwergewichte wie die Leichtathletik-WM 2019 oder die Straßenrad-WM 2016 zu finden. 2022 wird mit dem Fußball der nächste Meilenstein auf dem Weg zum eigentlichen Ziel folgen: Olympia 2028 oder 2032. Die Vierschanzentournee ist hingegen noch nicht im Portefeuille der Kataris. Aber nichts scheint mehr unmöglich.


Dies ist nämlich der Eindruck, wenn man sich durch die Straßen der Stadt bewegt. Überall wird gehämmert und gebaut. Kräne hieven Bauträger durch die Luft und auch an der Corniche, der Prachtpromenade wird fleißig gewerkelt. Bei einer Tagesmaximaltemperatur von gerade einmal 20 Grad Celsius war das heute sicherlich recht angenehm. Ab April, wenn 30 Grad der Durchschnitt sind, bis hin zu 45 Grad in den Sommermonaten, wird das mit Sicherheit ganz anders aussehen.


Schließlich befinde ich mich hier an einem der eigentlich unwirtlichsten Gegenden des Planeten. Außerhalb der Stadt würde ich, auf mich alleine gestellt, gewiss keine Woche im Geröll der Wüste überleben. Es fällt auf, dass kaum Tiere zu sehen sind, ob am Himmel oder auf dem Boden. Dies gilt auch für die Grünanlagen, für deren Bewässerung gewiss Unmengen von Wasser benötigt werden.


Der Verkehr der Stadt wird klar durch das Auto bestimmt. Zweirädriges, ob Fahr- oder Motorrad, ist höchst selten zu sehen. Der öffentliche Nahverkehr besteht aus wenigen Buslinien. Fußgänger haben es meist schwer, da die Fußwege plötzlich aufhören können oder teilweise an größeren Straßen auch gar nicht existent sind. An der Corniche allerdings kann man über viele Kilometer flanieren.


Nach wenigen Minuten traf ich auch schon auf die ersten Flutlichtmasten. Der Sport ist in Doha zumindest an allen Ecken und Enden präsent. Überall sind Plakate zu sehen, auf denen auf verschiedene Veranstaltungen hingewiesen wird. Wobei natürlich auch Falkenjagd und Kamelrennen nicht fehlen dürfen. An der Strandpromenade folgen im Abstand von wenigen Hundert Metern Stationen mit Fitnessgeräten, die entfernt ein wenig an Trimm-Dich-Pfade erinnern. Dort sieht man auch immer wieder mal Bewohner, teilweise samt Familie, Übungen absolvieren.



Dies ist nun wiederum im Interesse der Herrscherfamilie, die als sportbegeistert gilt. Einen Grund für die vielen Sportereignisse im Land muss es ja geben. Der aktuelle Emir, Tamim bin Hamad Al Thani, gründete 2005 die Firma, die heute unter anderem den französischen Fußballmeister Paris St. Germain besitzt. Zudem ist er seit dreizehn Jahren Mitglied des IOC.


Sport hat aus seiner Sicht verschiedene Funktionen. Einerseits sieht er darin ein Investment in die Zukunft, also einen ökonomischen Faktor. Außerdem ist natürlich der Leuchtturmeffekt des Sports nach außen nicht zu vernachlässigen, was das Sponsoring beim FC Barcelona rechtfertigt. Dieser Faktor ist natürlich auch bei den Großereignissen wie der Handball-WM ein gewichtiger Grund.


Aber Al Thani weiß natürlich ebenso: „Gastgeber erstklassiger Sportereignisse zu sein, ist ein ungeheuer kraftvolles Instrument für den Aufbau einer gesunden und einigen Gesellschaft. Das ist der Grund, warum diese ein fundamentales Teil unserer nationalen Entwicklungsstrategie sind.“


Eben, Al Thani weiß, 90 Prozent der hier lebenden Menschen sind keine Kataris, sondern Gastarbeiter mit eingeschränkten Rechten. Auf den Straßen geht es sehr friedlich zu, Polizei in Uniform sah ich kaum. Doch das kann sich aufgrund der ökonomischen Ungleichheiten natürlich irgendwann auch einmal ändern - trotz der ungeheuren Rohstoffvorkommen der Insel.


So weit zu den ersten Eindrücken aus Doha. Morgen steht um elf Uhr eine Trainingsstunde der deutschen Mannschaft auf dem Programm. Vorher muss ich mich noch offiziell akkreditieren. Zum Abschluss daher noch eine Anekdote: Unweit meiner Unterkunft ist das Coral Hotel. Von dort sollen Medienshuttles zu verschiedenen Veranstaltungsorten fahren.


Natürlich ist das aus Kostengründen höchst interessant. An der Rezeption wussten die Angestellten aber angeblich von nichts, obwohl sie in einem offiziellen Medienhotel arbeiten. Enttäuscht verließ ich das Foyer. Plötzlich kam mir ein junger Mann mit Arbeitskarte der Weltmeisterschaft um den Hals hinterhergerannt. Es stellte sich heraus, dass er das Gespräch beiläufig mitbekommen hatte. Natürlich würde ich einen Shuttle für den nächsten und allen folgenden Tagen bekommen.


Beste Grüße aus Doha


P.s.: Bei meinem Gastgeber verfängt die Strategie des Herrschers noch nicht: „Wir können uns über alles unterhalten, was Politik und Gesellschaft betrifft. Aber von Sport habe ich keinerlei Ahnung.“


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