Creditcard schlägt Wildcard

Vor dem eigentlichen Bericht eine kurze Klarstellung. Ein Blog, der von einem Journalisten geschrieben wird, läuft immer Gefahr bei Krankheit 'auszufallen'. Genau das ist in den letzten Tagen leider geschehen. Besten Dank für die zahlreichen Genesungswünsche, die mich per Email oder anderen Wegen erreicht haben. Mittlerweile bin ich wieder in Hamburg. Der heutige Eintrag speist sich lediglich aus den Eindrücken, die ich in den Wochen vor meiner Abreise gesammelt habe, und aus der gestrigen Sky-Live-Sendung.


Das deutsche Team hat gestern gegen Katar mit 24:26 (14:18) verloren. Die Partie war spannend, das Niveau allerdings etwas bescheiden, da viele Fehler zu beobachten waren. Im ersten Durchgang bekam die Sigurdsson-Truppe kaum ein Bein auf den Hallenboden. Der Rückstand von vier Toren hätte eigentlich größer sein können. So spielten beispielsweise die Katarer kurz vor der Pausensirene einen Angriff nicht vollständig aus und mussten noch ein Konter-Tor hinnehmen.

In der zweiten Hälfte kämpfte sich die deutsche Auswahl heran. Patrick Wienceks Birne leuchtete dabei wie die von Jupp Heynckes. Doch es gelang der Mannschaft nie, die Führung zu übernehmen. Das lag auch an einigen umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen. In den letzten Minuten war es allerdings Patrick Groetzki, der gleich mehrfach frei vor Danijel Saric scheiterte. Der katarische Schlussmann wurde nach Abpfiff zum Mann der Partie gewählt.


So viel zum Spiel als absolute Kurzfassung. Die Aufregung nach der Partie war aufgrund der Unparteiischen groß unter den Fans. Die deutschen Spieler verbargen zum großen Teil ihre Wut und sprachen von einer schlechten eigenen Leistung, womit sie die eigene Leistung treffend analysierend. Denn erst funktionierte der Kreis nicht, dann kassierten die Bundesligaspieler eine Unmenge an Gegentoren aus dem Rückraum.


Rund um das Spiel kochte zudem die Geschichte der zusammengekauften katarischen Mannschaft noch einmal hoch. Nur vier der Spieler im Kader waren auch vor wenigen Jahren schon spielberechtigt für die Mannschaft. Wie ich in einer Beschreibung des Teams schon einmal dargestellt habe, besteht es fast nur aus eingebürgerten Profis.


Als emotionaler Höhepunkt seiner Berichterstattung rief Sky-Reporter Karsten Petrizka in der zweiten Hälfte: "Wir hoffen, dass Herz Geld schlägt." Hat er diesen Satz wirklich ernst gemeint? Hätte er ihn vor einem halben Jahr auch im WM-Achtelfinale der Fußball-WM ausgerufen, als Algerien knapp dran war, die Multimillionäre aus Deutschland zu schlagen?


Die katarischen Spieler werden fürstlich belohnt für ihren Erfolg. Das wurden die deutschen Spieler im vergangenen Sommer auch. Der in der Aussage offenbar enthaltene Verdacht, dass sie mit weniger Herz als die Gegenseite agieren würden, ist eine aus meiner Sicht haltlose Unterstellung. Schon während der Partie war auf katarischer Seite eine Unmenge an Emotionen zu beobachten.


Zudem müsste der Sport bei Bestätigung der Petrizka-These noch mehr um seine Glaubwürdigkeit bangen, als es ohnehin der Fall ist. Schließlich bestehen die Ligenwettbewerbe auf höchster Ebene ausschließlich aus 'Söldnern', die Geld mit ihrem Beruf verdienen wollen.


Natürlich ist die Handball-WM in Katar eine Farce. Gestern hat ein Team, das so gut wie gar nichts mit Katar zu tun hat, einen Gegner aus dem Wettbewerb geworfen, der niemals in der Wüste hätte antreten dürfen, aber aus dubiosen Gründen mit einer Wildcard ausgestattet wurde. Das ist die eine Seite der Medaille.


Doch es muss ebenso hinzugefügt werden, dass auch der deutsche Sport regelmäßig die Chance nutzt, sich mit Akteuren aus dem Ausland zu verstärken. Über dieses Thema wird es - wie angekündigt - nach der WM noch einen langen Artikel geben. Deshalb sei an dieser Stelle nur auf Andrej Klimovets und den schon verstorbenen Oleg Velyky verwiesen, die beide vom DHB vor der WM 2007 eingebürgert wurden. Beide Spieler haben in ihrer Vita mehr Partien mit Weißrussland beziehungsweise Ukraine absolviert als für den deutschen Verband.


Die Katarer nutzen eine bestehende Regel exzessiv. Sie empfinden dabei nichts Ehrenanrüchiges: Wenn man etwas nicht hat, aber gerne besitzen würde, kauft man sich es eben. Geschehen mit der WM, drei modernen Hallen, eingeflogenen Fans und einer genau ausgewählten Mannschaft samt erstklassigem Betreuungsstab. Chapeau. Hinzu kommt eine Marketing-Maschinerie, die auch mal Journalisten einfliegen lässt. Was ein sehr viel größerer Skandal ist, als der Kader der Nationalmannschaft. Ob das auch für Schiedsrichter gilt? Ich weiß es nicht. Dazu braucht es natürlich Beweise. Einige dieser Elemente waren 2002 in Südkorea übrigens auch schon zu beobachten. Die Katarer sind eben nur noch dreister und damit effektiver.


Wenn nun gemeckert wird, Katar 2015 sei schlimmster Kommerz, pflichte ich solchen Aussagen uneingeschränkt bei. Ich habe mich vor Ort teilweise richtiggehend geekelt. Doch was ist guter und was ist schlechter Kommerz? Welche Instanz kann darüber urteilen? Noch einmal: Die Katarer haben sich bei der Zusammenstellung ihrer Mannschaft an die bestehenden Regeln gehalten. Nicht mehr und nicht weniger. Dass das in vielen anderen Punkten rund um die WM nicht unbedingt der Fall war, ist ebenso deutlich zu erkennen. Zu allen Vorwürfen lassen sicher immer auch Beispiele aus diesem Jahrhundert finden, dass die angeprangerten Punkte schon einmal so oder ähnlich umgesetzt wurden - oft subtiler.


Richtig verarscht wurden gestern offenbar deutsche Fans, die trotz gültiger Eintrittskarte nicht in die Halle gelassen wurden. Das kann ich nicht bestätigen, denn ich bin ja nicht mehr vor Ort. Ich kann nur wiederholen, was zu diesem Thema zu hören war. Die Organisatoren sollen massenweise Fans ohne Ticket zum Spiel gelassen haben, um keine Lücken auf den Rängen zu haben. Plötzlich war die Halle wohl voll und alle noch draußen befindlichen Handballfreunde sollen außen vor geblieben sein. Wenn dies so stimmt, hoffe ich, dass der DHB sich vehement dafür einsetzt, dass die weitgereisten Anhänger sehr großzügig entschädigt werden. Im Gegensatz zu den anderen Punkten habe ich von solch einem Organisationsverhalten noch nicht gehört.

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Wir sind "Fan"-Söldner und haben großen Spaß - eine kritische Analyse

Sicherlich habt Ihr von den angeheuerten spanischen Fans gehört, die bei den Spielen der katarischen Mannschaft für Stimmung sorgen. Ich hatte angekündigt darüber etwas zu schreiben, musste aber vorher noch Informationen einholen, was ziemlich zeitaufwendig war. Zudem habe ich diesbezüglich ein Interview mit einer Fanszene in Deutschland geführt, die eigentlich das Copyright auf diese Idee haben sollte, welches aber an dieser Stelle noch nicht veröffentlicht wird.


Nun ist es nicht so, dass das alles neu wäre, was hier passiert. Menschen, die gegen Bezahlung positive Stimmung verbreiten, werden Claqueure genannt. Wie bei so vielem Kulturellen liegt der moderne Ursprung dieser Beschäftigung in der Hauptstadt Frankreichs, genauer gesagt, rund um die Pariser Oper und den Theatern der Metropole.


Das Thema wurde auch von der UFA aufgegriffen und erhielt 1967 einen ganz neuen Anstrich, als iranische Geheimdienstmitarbeiter und deren Angehörige in Berlin den Schah jubelnd begleiteten und andersdenkende deutsche Studenten gewalttätig mit Dachlatten, Knüppeln und Totschlägern unter Beobachtung der deutschen Polizei verprügelten. Der heute gängige Begriff des Jubelpersers war geboren.


Auch beim Fußball sind Claqueure seit Jahrzehnten üblich. 1978 wurden beispielsweise Behördenmitarbeiter in die argentinischen WM-Stadien der Militärdiktatur geschickt, um die sonst leeren Tribünen zu füllen. Bei der vorletzten Fußball-WM in Südafrika waren es die Nordkoreaner, die mangels „ausreisewürdiger“ Fans, Chinesen anheuerten und dabei auf helle Begeisterung stießen.


Außerhalb des Sports bietet sich zudem ein großes Betätigungsfeld. Es sind in der Regel Konzerte, für die Einsätze gebucht werden. Ganz offen bieten Agenturen ihre Dienste im Internet an. Doch die Aktion selbst sollte geheim bleiben, damit die Glaubwürdigkeit der Künstler gewahrt bleibt. Es mag sein, dass ohne diese Manipulationen der Allgemeinheit einiges nur schwer Erträgliche erspart geblieben wäre.


Nun haben sich die Katarer dieser Methode bedient und stießen damit erst einmal auf Kritik. Doch wie gesagt, neu ist daran wenig. Cirka fünfzig Fans haben sie aus Spanien einfliegen lassen. Etwa die Hälfte stammt aus Cuenca, einer Stadt, die etwa 180 Kilometer nördlich von Madrid im Herzen Spaniens liegt.


Beim dortigen Handballclub war Zupo Equisoain jahrelang Trainer. Dieser wurde im letzten Jahr vom aktuellen Coach Katars Valero Rivera überzeugt, Juniorentrainer auf der Halbinsel zu werden. Rivera soll es auch gewesen sein, der die Idee hatte, spanische Fans zur Unterstützung seines Teams anzuheuern, damit überhaupt eine Heimatmosphäre entstünde.


Equisoain hat natürlich Kontakte zum Fanclub in Cuenca und nutzte diese. Schnell waren Teile der 2005 gegründeten La Peña Furia Conquense bereit unter gewissen Voraussetzungen mit allem Tara, die Weltmeisterschaft in Katar zu unterstützten. Blasinstrumente und Trommeln wurden eingepackt, denn die Organisatoren waren bereit, Hotel, Flug, Eintrittskarten und ein tägliches Taschengeld in Höhe von 100 Rial (etwa 20 Dollar) für jedes Mitglied der Reisegruppe zur Verfügung zu stellen.


Alles in allem dürften sich die Kosten für die Profi-Fans auf weit über 100.000 Euro belaufen. Am Mittwoch spielten die Katarer gegen Spanien, was die Fans aus Cuenca vor eine schwierige Aufgabe stellte.


Gegen das eigene Team zu agieren, was der Vertrag mit den Organisatoren vorsieht, ging ihnen dann doch ein wenig zu weit. Zumindest dem Teil der Gruppe, der aus Cuenca kommt. Deshalb entschloss sich die „ La Peña Furia Conquense“ auf das katarische Outfit „aus Respekt vor Spanien“ zu verzichten und allgemein die Stimmung in der Halle einzuheizen. Was auch gelang. Welche von den anderen großen „Fangruppen“ (Fotos unten) nun allerdings wirklich aus Handballanhänger Katars besteht oder aus weiteren Claqueuren, ist nur schwer zu verifizieren.


Ein Grund für das Verhalten der La Peña Furia Conquense mag auch die Krtik aus der Heimat gewesen sein, in der die 'Fans' oft als Verräter bezeichnet werden. Die Gruppe selbst ging von Anfang an sehr offen mit dem Thema um und bekannte sich zu ihren Verpflichtungen. Selbstironisch und ehrlich bezeichneten sie sich von Beginn als Söldner und so war die Aktion schon vor dem WM-Start in den spanischen Medien allgemein bekannt. Es war also keinesfalls investigativer Journalismus, der die Katarer entblößte.

 

Die Fans sehen ihre Aktion als große Gaudi. Sie besuchen Spiele der WM, haben ihren Spaß bei Ausflügen oder am Pool. Diesen teuren Spaß über drei Wochen hätten sie sich ansonsten wohl kaum gegönnt beziehungsweise leisten können.


Soweit die Lage aus Sicht der La Peña Furia Conquense. Was ist allgemein von der Aktion zu halten? Die Katarer haben hier eine Weltmeisterschaft der Superlative auf die Beine gestellt. Drei Hallen wurden in kürzester Zeit auf dem Rücken unzähliger Arbeiter gebaut und verwöhnen Spieler, Journalisten wie auch Zuschauer mit allem technischen Schnickschnack, der vorstellbar ist.


Zudem haben sich die Gastgeber eine Mannschaft zusammengekauft, die zwar so gut wie gar nicht aus heimischen Spielern besteht, aber in der Lage sein sollte, zumindest das Viertelfinale zu erreichen. Da passt es aus katarischer Sicht hervorragend, die nötigen Fans dazuzukaufen.Genau das ist geschehen.


Es wundert nicht, dass von den hiesigen Gastarbeitern es niemanden verblüfft, dass Fans eingeflogen wurden. Dieses Verhalten wird sozusagen als alltägliches soziales Verhalten der Oberschicht registriert: Warum nicht kaufen, was man nicht hat?


Die Aufgabe der Weltmeisterschaft besteht vor allem daraus, Marketing für Katar zu betreiben. So wird den Journalisten und der Weltöffentlichkeit Wüstensand in die Augen gestreut. Die Katarer erklimmen mit ihren Maßstäben eine neue Stufe - bei fast allen diesen Punkten des Turniers. Es sind Wochen des Gigantismus - zumindest für den Handball.


Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat der deutsche Handballbund ausgewählte Freunde der Nationalmannschaft eingeladen. Diese sind allerdings schon lange dem DHB verbunden und daher ist diese Werbemaßnahme mindestens zwei Stufen unter der Aktion der Katarer einzuordnen. Schlimmer wiegt hingegen der Verdacht, dass Journalisten auf Kosten der katarischen Veranstalter in Doha weilen.


Für die Fans in Deutschland ist der Zustand in Katar zwar der nächste Beweis, dass ohne sie Sport nicht funktioniert. Allerdings sind sie auch das Beiwerk der Zirkuswelt des Sports, der durch das Fernsehen weltweit verbreitet wird. Ohne sie funktioniert die Show nicht, sie sind aber alle auch Teil der Show. Sie lassen sich einbinden von Moderatoren, von Stadion/Hallenmusik, von Toreinspielungen etc. - ob in der Bundesliga oder in Katar. Sie funktionieren auf Zuruf und haben zumindest in Katar immer gute Laune. Das alles wird akzeptiert - es gehört zum Event.


Insofern ist der Gedanke, sich als Fan kaufen zu lassen, nicht so weit entfernt, von dem, was Sport heutzutage in der Spitze ausmacht und deshalb ist das Verhalten der Katarer nur konsequent, aus deren Sicht fast schon logisch zwingend. Wenn alles kaufen zu kaufen ist, warum dann nicht auch vorgetäuschte Gefühle, etc.. Der Sport und die Fans sind lediglich das willkommene Vehikel, das die Botschaft der Freude und Ausgelassenheit in die Welt transportiert – das ist perfektes Marketing. Da sind selbst 250 Millionen gut angelegtes Geld - so hoch ist das Budget der WM.


Die spanischen Fans meinen, das konterkarieren zu können. Natürlich seien die Gefühle nicht echt und daher wenig wert, frei nach dem deutschen Schlager: „Ich bin froh auf der Welt zu sein, sagt die Biene zum Stachelschwein“. Es ist alles nicht so wichtig, lautet deren Botschaft - vor allem man ist da und hat Spaß daran.


Zur allgemeinen Entwicklung des Sports plane ich in der nächsten Woche einen weiteren langen Artikel. Katar wird für 2022 ein Problem bekommen, ein leistungsfähiges Team aufzustellen, da die Spielberechtigungsregeln der FIFA härter als die der IHF sind. Doch sind diese noch zeitgemäß?


Da allgemein angefragt wurde: Natürlich ist 'Werbung', jede Empfehlung dieses Blogs gerne gesehen. Macht dafür Werbung in Foren, Verteilern und so weiter. Kein Problem, ich freue mich - jederzeit auch über Kritik.


Wo ich schon bei Marketingmaßnahmen bin: Hier der Link zum Podcast zur heutigen Radiosendung. Meinerseits leider mit vielen Ähms und Öhms ... . Wie sagt ein alts Sprichwort so schön: Übung macht den Meister.

 

Zu dem Interview mit den Göttinger Fans: Ich hoffe, es Euch in den nächsten Tagen zur Verfügung stellen zu können. Es ist sehr interessant.

Handball-WM Katar 2015
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Unmittelbar vor der Eröffnung - Eine Einschätzung des katarischen Teams

Es sind nur noch drei Stunden zum Eröffnungsspiel, als ich mit diesem Artikel anfange. Die Hektik im Medienzentrum hat deutlich zugenommen. Gestern herrschte hier noch Ruhe, heute sind viele Arbeitsplätze besetzt.

Der Tag begann mit einer Pressekonferenz der deutschen Mannschaft. Allgemeine Einschätzungen von Oliver Roggisch habe ich in einem anderen Blog-Eintrag verarbeitet, der schon geschrieben ist und den ich heute Nacht noch veröffentlichen will. An dieser Stelle werde ich mich, insofern ich es schaffe, noch kurz mit dem Team des Gastgebers befassen.


Katar ist einer der Außenseiter des Turniers. Das Achtelfinale ist das Mindestziel. Dies erscheint machbar, denn die Gruppe A ist nicht allzu hochkarätig besetzt. Spanien und Slowenien werden um den Gruppensieg kämpfen, der Rest um das Weiterkommen, also um den vierten Rang. Der Rest ist neben Katar, noch der heutige Gegner Brasilien, Weißrussland und Chile. Allesamt schlagbare Gegner.


Der Gastgeber hat einiges in das eigene Team investiert. Als Trainer wurde nach der letzten WM Valero Rivera verpflichtet. Der hatte damals gerade mit Spanien den Titel gewonnen. Katars Handballhistorie ist eine Bescheidene. Bei der geringen Bevölkerungszahl ist außerdem die Spielerauswahl eine Bescheidene.


Aber im Vergleich zum Fußball gibt es beim Handball eine entscheidende Differenz, die für die Kataris eine wohlfeile Fügung ist. Beim Handball kann ein Spieler, insofern er drei Jahre nicht für seinen Verband angetreten ist, in eine andere Nationalmannschaft wechseln, wenn er den Pass des gewünschten Landes hat. Von dieser Regelung machte Katar in den letzten Jahren fleißig Gebrauch.


Aktuell sind in der katarischen Nationalmannschaft keine Handvoll Spieler zu finden, die im Land geboren sind. Einer der bekanntesten „Neuzugänge“ ist Goran Stojanovic, der im letzten Jahr einen Vertrag über drei Jahre bei El Jaish unterschrieb. Das ist die nächste Besonderheit. Alle Spieler, bis auf den aktuell vereinslosen Danijel Saric, spielen bei einem katarischen Verein.


Allerdings ist der mehrmalige Europapokalgewinner nur wenige Wochen im Jahr in Katar zu finden. Die Arbeitszeiten halten sich in Grenzen, wofür er und seine Mitspieler angesichts der hohen Temperaturen im Sommer auch dankbar sind.

Stojanovics Stellvertreter Saric ist viermaliger spanischer Meister, Gewinner der Champions League. Dieses Tandem lobt Henning Fritz in der Handballwoche als „das beste Torhütergespann aller 24 Teilnehmer“. Vor diesem Duo fehlen die ganz großen Namen, wenn man vom rechten Rückraumspieler Zarko Markovic absieht, der in der letzten Saison für den HSV Hamburg spielte.


Dennoch sind die Aussichten auf das Achtelfinale gut. Erst vor fünf Monaten triumphierte das Team bei den Asienspielen in Südkorea im Finale über den Gastgeber mit 24:21. Zuvor hatten diese 26 Jahre vor eigenem Publikum nicht verloren.

Vom Abschneiden der Mannschaft wird abhängen, ob überhaupt so etwas wie Begeisterung bei diesem Turnier entstehen kann.

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Handballweltmeisterschaft in Doha/Katar

Eigentlich wollte ich den Blog mit Zeilen eines passenden Punksongs beginnen. Doch Punk und Wüste berühren sich seltener als es natürlich innerhalb des Genres mit den direkten Konfrontationspunkten der Jugendbewegung (unmittelbare soziale Probleme) der Fall ist. Hinzu kommt, dass der vielleicht bekannteste Song, der weitestgehend dem Thema zuzuordnen ist, 1991 von den Marines der US-Streitkräfte im zweiten Golfkrieg brutal missbraucht wurde. Joe Strummer hätte beim Texten zehn Jahre zuvor nie geglaubt, dass ein von ihm geschriebener Song einmal zu einer Kriegshymne werden könnte. Doch genau das geschah mit Rock the Casbah.

 

Es geht also ohne Punksong in die Wüste. In der nächsten Woche beginnt die Handball-Weltmeisterschaft im Wüstenstaat Katar. Auch das hätten bis vor wenigen Jahren nur wenige Menschen geglaubt: Ein solches Großereignis im Sand. Aber das ist schon der erste Irrtum. Die Wüste Katars besteht meist aus Geröll und Kies und selten aus Sanddünen.

 

Einige Fakten zu Katar (laut Wikipedia):
Katars Regierungsform ist alles andere als demokratisch. An der Spitze einer absoluten Erbfolgemonarchie herrscht ein Emir, und zwar: Scheich Tamim bin Hamad Al Thani . Es leben 2,1 Mio. Einwohner auf einer Fläche, die in etwa so groß wie Holstein ist (das Bundesland Schleswig-Holstein weist zirka 15.800 Quadratkilometer auf. Und davon entfernt ihr im Gedanken alles was nördlich des Nordostseekanals bzw. Kiels vorzufinden ist). Von den 2,1 Mio. sind gut 1,8 Mio. Gastarbeiter. Diese kommen meist aus Indien oder Pakistan. Seit 1950 (47.000) gab es aufgrund reicher Öl- und Gasvorkommen eine Bevölkerungsexplosion. Das Pro-Kopf-Einkommen ist mit über 100.000 Dollar pro Einwohner das höchste der Welt, was auch auf den CO2-Ausstoß zutrifft.

Zum allerersten Mal findet eine Handballweltmeisterschaft nur in einer Stadt statt, und zwar in Doha, der Kapitale des Landes. Dort tummeln sich über 1,3 Mio. Menschen. Allerdings ist das auch nicht ganz korrekt. Was von deutschen Medien meist übersehen wird, ist die Tatsache, dass die Haupthalle außerhalb Dohas in Lusail City liegt. Dort sind zahlreiche Hotels, Büros und Wohnhäuser geplant. In der Retortenstadt sollen in Zukunft über 200.000 Menschen leben. Vorerst begnügt man sich dort mit der Lusail Multipurpose Hall, die im Herbst 2014 fertiggestellt wurde. Mit Platz für 15.300 Fans ist diese zugleich die Haupthalle des Turniers, in der die Eröffnungs- ebenso wie alle deutschen Partien, Halbfinale und das Endspiel stattfinden werden. Lusail City soll bis zur Fußball-WM 2022 fertiggestellt sein. Dort soll sich dann das größte Stadion des Landes befinden, welches auch als Endspielort dienen wird. Die beiden anderen Hallen (ebenso neu gebaut) befinden sich hingegen tatsächlich in Doha und weisen ein Fassungsvermögen von 7.700 bzw. 5.500 auf.

 

Das schreibt und liest sich alles recht skurril. Ich bin sehr gespannt, was mich ab Dienstag vor Ort erwartet. Die deutsche Mannschaft wird am Dienstag ebenso nach Doha fliegen. Dies wird sie als Außenseiter tun trotz des gestrigen klaren 32:24 (14:16) Erfolgs gegen Tschechien. Zu den Aussichten des deutschen Teams werde ich mich später an dieser Stelle äußern.

In den nächsten Tagen wird es auf dieser Seite nicht nur um Handball gehen. Ich will versuchen auch andere sportliche Ereignisse zu er- und verarbeiten. Außerdem werden die kulturellen wie auch politischen Begebenheiten großen Raum einnehmen. Hoffe ich zumindest. Noch aber ist Hamburg der Mittelpunkt und deshalb der Hinweis auf das Hallen-Masters der Frauen am Sonntag ab 11 Uhr in der Alsterdorfer Sporthalle.

 

Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende

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