Abschluss und Abschied

Eine ereignisreiche Woche liegt hinter den Ersten Frauen. Jedes dieser Ereignisse hätte einen eigenen Blogeintrag verdient. Doch als mich nach dem Pokalspiel die Nachricht vom anstehenden Rücktritt des Trainers erreichte und ich um Vertraulichkeit gebeten wurde, entschied ich mich, Emotionen erst einmal zurückzuhalten und mit Abstand aufzuschreiben, was aufzuschreiben ist.

Für Emotionen gab es in den letzten Tagen reichlich Anlass. Am besagten Mittwoch trat das Team zum Achtelfinalspiel innerhalb des Hamburger Pokals an. Die Marschrichtung war nach dem Triumph über Bergedorf klar. Wie in der vergangenen Saison sollte das Finale erreicht werden.

Dagegen hatten allerdings die Tabellenführerinnen der Oberliga etwas und drückten vor gut 150 Zuschauern von Beginn an auf die Tube. An einem kalten Abend kam Wellingsbüttel gleich zu vier Großchancen. Noch passte es nicht im Abschluss. Beim FC St. Pauli allerdings schon. Nachdem ihr erster Schuss noch aus dem Winkel gefischt wurde, beförderte Nina Philipp einen ihrer gefürchteten Freistöße ins Tor.

Pokalaus in Wellingsbüttel

Doch Wellingsbüttel antwortete schnell und übernahm nicht nur das Kommando auf dem Feld, sondern auch die Führung. Absolut negativ fiel der Schiedsrichter auf, der sämtliche strittigen Situationen gegen Braunweiß pfiff und zudem klare Fehler beging, als er beispielsweise noch vor der Pause einen deutlich erkennbaren Tritt gegen Linda Sellami im Strafraum nicht ahndete. Die Situation drohte mehrmals zu eskalieren, was für ein Frauenfußballspiel sehr ungewöhnlich ist.

Kai Czarnowski hatte die eigentliche Zentrumsspielerin Amke Ihben auf der linken Verteidigungsposition aufgeboten. Dieser Schachzug ging nicht auf. In der 54. Minute korrigierte er seine Idee. Da stand es 4:1 für die Gastgeberinnen. In der Folge kam St. Pauli zu mehreren Großchancen, doch Philipp ließ per Kopf aus fünf Metern die nötige Entschlossenheit vermissen und erlaubte so Schlussfrau Kriska Lüben eine großartige Parade. Ann-Sophie Greifenberg und Sanna  Barudi brachten das Leder ebenso bei guten Gelegenheiten nicht im Tor unter.

Wellingsbüttel schoss 20 Minuten vor dem Ende das sehr umstrittene 5:1, welches den verdienten Sieg besiegelte. Der geltungssüchtige Schiedsrichter musste dennoch bei diesem Spielstand noch einmal unbedingt ins Scheinwerferlicht rücken und empfahl sich durch weitere ungewöhnliche Entscheidungen in Serie, die Experten nur noch den Kopf schütteln ließen und selbst auf Wellingsbütteler Seite schmunzelnde Kommentare hervorriefen.

Czarnowski erklärt Abschied

Czarnowski holte nach dem Abpfiff das Team schnell zusammen und teilte in der Kabine den Entschluss mit, nach der Saison seine Tätigkeit beim FC St. Pauli nach über zwölf Jahren zu beenden. Wie er mir mitteilte, wollte er unbedingt den richtigen Zeitpunkt für den Abschied finden. Das ist ihm ohne Zweifel gelungen, auch wenn ich geglaubt habe, er würde noch ein letztes Jahr dranhängen. Aber ganz so falsch liegt er mit seiner Analyse wohl nicht, dass diese Saison den krönenden Abschluss seiner Amtszeit darstellt und man auf dem Höhepunkt gehen sollte. Für den/die folgende Trainer/in  wird die Nachfolge gewiss keine leichte sein.

Ohne große Erwartungen begaben sich die Fans zum letzten Match der Saison drei Tage später nach Bergedorf. Die Vermutung lag nahe, dass nach diesem anstrengenden Jahr die Luft entwichen sei und das Team auch kraftlos vor einer schwierigen Partie stehen würde.

Dem war aber nicht so. Nach einer ausgeglichenen Anfangsphase pusteten die Spielerinnen die Sorgen der Fans beiseite und gewannen am Ende gegen einen allerdings kaum wettbewerbsfähigen Gegner verdient mit 5:0. Bergedorf 85 war kaum wiederzuerkennen und musste mit einigen Spielerinnen der Landesliga auflaufen. Trainer Jerko Vidovic war schon nicht mehr vor Ort. Er hat sich des Amts entledigt. Es gibt sogar erneut Gerüchte, dass der Klub das Team aus der Regionalliga zurückziehen wird.

Auf der anderen Seite feierte St. Pauli am Abend beschwingt ein sehr erfolgreiches Jahr. Czarnowskis Team hat es als Aufsteiger auf den dritten Rang geschafft und den Klassenerhalt praktisch schon 2016 gesichert. Nun bleibt ein halbes Jahr Zeit, Pläne für die Zeit nach Czarnowski zu entwickeln, um die Erfolgsgeschichte fortzusetzen. Der Trainer hat dem Team zweifellos seinen Stempel aufgedrückt.