Natur- oder Kunstrasen? Die Profis sind das Problem!

Immer wieder gibt es beim FC St. Pauli Gerüchte über die Platzsituation beim ersten Frauenteam des Vereins. Zuletzt teilte der von mir sehr geschätzte Stefan Groenveld in seinem Blog die Behauptung, Kunstrasenfußball sei in der Regionalliga grundsätzlich nicht zulässig. Diese Meinung ist immer wieder rund um den Verein zu lesen und zu hören. Doch ist sie richtig? Ich habe nachgefragt.

In der Spielordnung des Norddeutschen Fußball-Verbandes vom 6. Juli 2016 findet sich zur Sportplatzfrage folgender Hinweis:
"Meisterschafts- und Aufstiegsspiele werden auf Rasenplätzen oder vom Landesverband zugelassenen Kunstrasenplätzen ausgetragen. Die zuständigen Ausschüsse können Ausnahmen zulassen."

 

Die Sachlage ist eindeutig. Auf zugelassenen Kunstrasenplätzen darf gespielt werden. Die NFV- Ausschussvorsitzende des Frauen- und Mädchenfußballs Sabine Mammitzsch bestätigt diesen Fakt auf Anfrage:  "Es gibt in den Durchführungsbestimmungen des NFV keine Einschränkung ob der Nutzung von Kunstrasenplätzen."

Auch Werder spielt auf Kunstrasen

Der FC St. Pauli besitzt in diesem Punkt zudem kein Alleinstellungsmerkmal - wie man vielleicht glauben könnte. "Im Übrigen spielt auch Werder Bremen II auf einem Kunstrasenplatz", berichtet Mammitzsch über den aktuellen verlustpunktfreien Tabellenzweiten der Staffel.

 

Der Meldebogen zur Zulassung für die Regionalliga, den jeder Verein ausgefüllt beim Verband hinterlegen muss, liefert ein weiteres interessantes Detail. Dort wird an erster Stelle auf dem Hauptspielfeld ein Naturrasen als Belag erwünscht. Als Ausweichplätze werden aber Kunstrasenplätze und sogar Hartplätze zugelassen.

 

"Grundsätzlich sollte auf Rasenplätzen gespielt werden, aber in Absprache mit den Vereinen der RNF und der örtlichen Gegebenheiten von Vereinen (z.B. St. Pauli, Werder Bremen) sind Punktspiele der RNF auf einem Kunstrasenplatz zulässig", unterstreicht Mammitzsch die Zulassungsbestimmungen, die in diesem Punkt vom FC St. Pauli also voll und ganz erfüllt werden.

Die Profis sind das Problem

In einem anderen Detail ist das aber nicht der Fall und das hängt mit den besonderen Umständen der beiden Fußball-Amateurabteilungen der Braunweißen zusammen, die ihre Punktspiele in unmittelbarer Nähe zum Millerntorstadion ausrichten.

 

Bei Bundesligapartien im großen Stadion benötigt die Hamburger Polizei den Kunstrasenplatz 2 als Parkplatz für ihre Einsatzfahrzeuge. Deshalb können an solchen Tagen auf beiden Kunstrasenplätzen keine Fußballspiele in der Feldarena stattfinden. Für die unteren Amateurteams ist das ärgerlich, aber ein in Absprache mit den jeweiligen Gegnern überschaubarer Nachteil.

 

Der Regelspieltag in der Regionalliga Nord der Frauen ist aber der Sonntag. Wenn nun zeitgleich die männlichen Profis ein Heimspiel haben, ergibt sich ein nicht zu lösender Konflikt. Die Frauen brauchen eine Ausweichstätte. Diese ist aktuell nicht vorhanden, weshalb das Spiel gegen Bremen II, wie berichtet, im November nach aktuellem Stand ausfallen wird.

Der Verein bastelt an einer Lösung

Um solch einer Situation aus dem Weg gehen zu können, wird der Verband in Zukunft eine Ausweichstätte fordern. Nach meinen Informationen steht der Verein auch schon mit Behörden in Verhandlungen, um den Ersten Frauen für diesen nur sehr selten auftretenden Konflikt eine kostengünstige Alternative anzubieten. Das Problem liegt in der späten Terminierung der Bundesligaspiele, weshalb zu Saisonbeginn nicht klar ist, an welchen Sonntagen das Team ausweichen muss. Daher muss ein Ausweichplatz an allen elf Heimspielterminen zur Verfügung stehen, auch wenn dieser nur ein- oder zweimal in der Saison genutzt werden muss.

 

Der Frauenfußball beim FC St. Pauli ist weiterhin im Aufschwung, was zunehmend auch von den - meist männlichen - Sportjournalisten der Stadt wahrgenommen wird und Interesse weckt. Die Zuschauerzahlen sind positiv. Der Blick auf andere Sportplätze - im Frauenfußball bis in die Bundesliga hinauf - verrät, dass sich der Verein hinter kaum einem anderen Klub verstecken muss.

 

Vielleicht liegt hierin ein Grund, dass aus dem Umfeld der U23 der Männer ein leichtes Grummeln wegen der bisher zweimal vorgekommenen Gleichzeitigkeit der Spiele beider Teams zu vernehmen ist. Die koste die zweite Männermannschaft Fans, ist zu hören. Bei einem Anhalten des Aufwärtstrends müsste die Feldarena aber vielleicht aus anderen Gründen irgendwann einmal verlassen werden - wenn die Kapazität nicht mehr ausreichen sollte. Doch dahin ist es noch ein langer Weg. 

 

 

Pokalspiel am Donnerstag - Schreiber gesucht

Am Belag sollte es jedenfalls nicht liegen. Denn Gütersloh spielt beispielsweise in der zweiten Liga regelmäßig auf Kunstrasen und ich konnte bisher noch keine Durchführungsbestimmung finden, die Erstligafußball auf diesem Untergrund verbietet. Der DFB sagt dazu: "Bundesspiele der Frauen und Juniorinnen können auch auf Kunstrasen-Spielflächenausgetragen werden, wenn diese nachweislich den Anforderungen des FIFA-Qualitätskonzepts für Kunstrasen („1 Star“) entsprechen. Bei Bundesspielen der Junioren und Juniorinnen und der 2. Frauen-Bundesliga ist als Ausweichplatz auch ein anderer Kunstrasenplatz zulässig. Kunstrasen-Spielflächen müssen den Abmessungen von Absatz 1 entsprechen."

Es wurde ja schließlich sogar schon eine Weltmeisterschaft nicht auf Naturrasen ausgetragen.

 

Von solchen Träumereien ist das Team allerdings weit entfernt. An diesem Donnerstag steht erst einmal die zweite Runde im Hamburger Pokal an. Anpfiff ist um 19:30 Uhr beim Kreisligisten Lorbeer an der Marckmannstraße - auf Kunstrasen. Der Klub ergatterte Ende der 80er-Jahre zwei Meisterschaften in der Regionalliga, die damals noch unter Oberliga firmierte. Da ich nicht anwesend sein werde, ist mir ein Spielbericht von Leserseite sehr willkommen. Falls jemand die Zeit dafür findet, bitte ich um eine kurze Nachricht.