Sellami und Co feiern phänomenalen Saisonauftakt!

Mit der unglaublich anmutenden Zahl von zehn Gegentoren schickten die Ersten Frauen den Aufstiegsaspiranten Holstein Kiel zurück an die Ostsee. Dabei ging fast unter, dass das Team beim Umsetzen eines grundlegenden Vorhabens scheiterte - es fiel nur der Trainerin auf.

 

Wo soll man bei einem 10:3 zum Saisonauftakt anfangen? Die Ersten Frauen des FC St. Pauli setzten ihre Fans in der zweiten Hälfte mit einem eindrucksvollen Sturmlauf in einen fast schon hypnotisch zu nennenden Zustand des Erstaunens, bei den Gegnerinnen schafften sie es vollumfänglich. Die Kielerinnen wirkten am Ende erledigt und nahezu willenlos.

Herausragende Spielerin einer ohnehin überragenden Equipe war Linda Sellami, die drei Treffer selbst erzielte und mindestens zwei weitere vorbereitete! Mit feiner Technik setzte die Mittelstürmerin per Steilpass Nina Philipp schon in der 16. Minute in Szene, die wiederum eiskalt vor Kiels Ersatztorhüterin Lis Pirotton abschloss.

 

Erstmals begleiteten Einlaufkinder die Spielerinnen aufs Feld.
Erstmals begleiteten Einlaufkinder die Spielerinnen aufs Feld.
Erstmals trug Lena Kattenbeck die Kapitänsbinde in einem Pflichtspiel
Erstmals trug Lena Kattenbeck die Kapitänsbinde in einem Pflichtspiel

Die flexible Kuhnert

Auch von zwischenzeitlichen Ausgleichstoren ließ sich das von Trainerin Lina "Chaly" Rosemann hervorragend eingestellte Team nicht vom Weg abbringen. Erst bediente Philipp mit einem weiten Schlag aus dem Anstoßkreis heraus auf den rechten Außen Ann-Sophie Greifenberg und kurz vor dem Pausenpfiff traf erneut Greifenberg aus einem Getümmel heraus. Eine Zeigerumdrehung später stellte Sellami nach Vorarbeit von Philipp noch auf 4:2.

 

Im Mittelfeld ackerte Carlotta Kuhnert. Unglaubliches Laufpensum würzte sie mit einer ordentlichen Prise Zweikampfhärte. Eine Gegenspielerin beförderte sie an der Seitenlinie mit einem fairen Schulterkontakt gar in die Arme des Schreibers dieser Zeilen. Neben ihr feierte als einzige Neue Lea Lübke ihr Debüt. Eine Anhängerin neben mir analysierte: "Wie Nehrig steht die immer wieder schnell auf, wenn sie am Boden liegt. Nur kann sie im Unterschied auch Fußball spielen." Dieses Urteil erscheint mir in Bezug auf Bernd Nehrig doch ein wenig überzogen. Eines ist aber unbestritten. Lübke steht für Dynamik kombiniert mit Übersicht.

 

Dass das Team Fußballspielen kann, ist unbestritten. Doch wie es in der zweiten Hälfte auftrumpfte, wird wohl lange unvergessen bleiben. Sellami und Philipp erhöhten schnell auf 6:2. Ein drittes Kieler Tor entpuppte sich nur als kleine Delle.

 

Carlotta Kuhnerts Blick fixiert den Ball und freut sich schon auf den nächsten Zweikampf
Carlotta Kuhnerts Blick fixiert den Ball und freut sich schon auf den nächsten Zweikampf

Sturmlauf in der zweiten Hälfte

Ilijana Kljanjic hob den Ball ins Tor, Sellami zeigte einmal mehr ihre technische Klasse beim 8:3 und legte gleich noch die neunte Kiste für Greifenberg auf. Zwei Minuten vor dem Ende sorgte schließlich Kuhnert mit einem satten Schuss selbst für das Sternchen über ihre eigene Leistung.

 

Gut 200 Fans waren vollends begeistert, klatschten sich nach dem Schlusspfiff mit den Braun-Weißen ab. Das Trainerindebüt von Rosemann war auf eine Weise gelungen, wie sie vorher niemand für möglich gehalten hätte. Und dennoch fand sie auf die Gegentore angesprochen auch kritische Worte: "Die waren eben auch Thema im Kreis". Aufmerksamen Beobachtern war zuvor nicht entgangen, dass Kiel an diesem Tag bei besserer Verwertung auch fünf Treffer hätte schießen können.

 

Natürlich war dieses kleine Manko allenfalls eine Randnotiz an einem wunderschönen Sommertag. Rosemanns Idee "die sehr flexible" Kuhnert für die angeschlagene Kathrin Miotke im defensiven Mittelfeld aufzustellen war ein Bravourstück. Kuhnert dazu: "Ich war ein Jahr auf einen Austausch in Dänemark. Dort spielte ich fast nur auf der Sechs. Erst gegen Ende wurde ich auf den Außen gestellt. Als ich hierher kam, wurde ich weiter als Außenspielerin gesehen."Sie hat in der Vorbereitung ohne Zweifel an Statur gewonnen, tobte sich regelrecht auf der neuen Position aus. Nach der Partie bekannte Kuhnert: "Ich liebe Zweikämpfe." Das hat jeder Fan an diesem Nachmittag ohne Zweifel gesehen.

 

Erfolgreiches Rosemann-Debüt

Auch Kai Czarnowski war vor Ort und freute sich über "eine tolle Leistung. Die zwei Tore vor dem Pausenpfiff waren entscheidend." Mit dieser Einschätzung liegt Rosemanns Vorgänger richtig. Bis dahin war Holstein in einer kampfbetonten und von beiden Seiten offensiv geführten Partie ein gleichwertiger Konkurrent.

 

Auf die Kielerinnen wartete eine ungemütliche Heimfahrt. Sie mussten gegen einen entfesselt aufspielenden FC St. Pauli bitteres Lehrgeld zahlen. Das Saisonziel, die Aufstiegsrunde zur zweiten Liga zu erreichen, rückt durch die gewonnenen Eindrücke erst einmal in den Hintergrund.

 

Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie es nach so einem Sturmlauf weitergehen wird. Das Team präsentierte sich ungeheuer lauf- und zweikampfstark und war beseelt von dem Gedanken, immer eine spielerische Lösung finden zu wollen. Da fiel die Ausnahme um so mehr auf, als Greifenberg kurz vor dem Ende den Ball an der Mittellinie einfach mal wuchtig ins Aus drosch.

 

Die Spielfreude und die Angriffslust von Philipp, Greifenberg und Sellami sind nur schwer zu bändigen und wirken ansteckend auf das gesamte Team, das erstmals von Lena Kattenbeck als Kapitänin aufs Feld geführt wurde. Und doch wird es auswärts auf größeren Plätzen darauf ankommen, kompakter zu agieren.

 

Als nächstes steht nach einem freien Wochenende - die eigentlich anstehende Auswärtsfahrt zu Burg Gretesch wurde auf den 1. Oktober verlegt - am 17. September eine weitere Heimpartie gegen die Zweitvertretung des SV Meppen an. Die Aufsteigerinnen sorgten wie St. Pauli für einen gehörigen Paukenschlag zum Auftakt. Beim letztjährigen Meister Werder Bremen II gelang den Emsländerinnen ein 3:1-Sieg.

 

Lächelnd sieht Linda Sellami ihrer Sturmkollegin Ann-Sophie Greifenberg vor der nächsten Attacke zu.
Lächelnd sieht Linda Sellami ihrer Sturmkollegin Ann-Sophie Greifenberg vor der nächsten Attacke zu.

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