Nina Philipp: "In Gütersloh habe ich nicht so viel gelächelt"

Nina Philipp ist unter den besten Fünf bei der Wahl zur besten Fußballerin Hamburgs. Die Mittelfeldregisseurin des FC St. Pauli hat sogar schon Bundesliga gespielt. Die Wahl, die am Montag, den 31. August entschieden wird, und der Ausblick auf die kommende Saison sind gute Gründe für ein Gespräch mit ihr (dieses Interview ist ebenso im Übersteiger 121 erschienen).


Hallo Nina, du bist nun seit zwei Jahren hier. Was hat Dich hierher verschlagen - erst einmal nach Hamburg und dann zum FC St. Pauli?


Nina Philipp: Nach Hamburg bin ich gekommen durch einen Job. Ich habe in Bielefeld gewohnt, in Paderborn Sportwissenschaften studiert und in Gütersloh Fußball gespielt. Ich habe 2013 meine Bachelorarbeit geschrieben und für April einen Job gesucht. Ich bin jetzt bei Schattenspringer. Dort hatte ich auch mein Praktikum für die Uni gemacht. Die hatten zur Internationalen Gartenschau den Kletterpark in Wilhelmsburg aufgemacht. Dort bin ich jetzt auch. Das hat mich nach Hamburg verschlagen.


Und zum FC St. Pauli?


Nina Philipp: Zum Verein bin ich so ein bisschen durch meinen Freund gekommen. Er kommt auch aus Bielefeld und ist schon ein Dreivierteljahr vor mir nach Hamburg gekommen. Ich habe ja immer Fußball gespielt, mein Leben lang. Ich habe gesagt, erst einmal gucken, wie die Arbeit läuft. Auch mal zuhause sein und einen schönen Abend haben. Er konnte mich zuhause dann nicht mehr ertragen. So ganz ohne Fußball ging es dann doch nicht. Er hat sich deshalb umgeguckt und umgehört. Er hatte da schon mehr Ahnung als ich, weil ich mich zu dem Zeitpunkt einfach noch gar nicht darum bemüht hatte. Dann hat er mit Kai, dem Trainer vom FC St. Pauli, und dem Trainer von Altona 93 Kontakt aufgenommen, weil beides von unserem Zuhause gleich weit weg oder gleich nah dran war. Mit Kai habe ich mich dann zuerst getroffen und es hat gleich irgendwie gefunkt, es hat gleich gepasst. Ja, so bin ich her gekommen. Und bei St. Pauli reizt natürlich auch der Name.


Du warst aber vorher nie bei einem Spiel der Profis gewesen?


Nina Philipp: Nein.


Und seitdem Du hier bist?


Nina Philipp: Ich arbeite jetzt auch im Stadion bei den Heimspielen. Deswegen bin ich relativ regelmäßig im Stadion. Aber leider kann ich nicht immer das Spiel sehen. Das ärgert mich auch ein bisschen.


Der Schritt nach Hamburg war für Dich auch sportlich eine große Veränderung. Du hast Bundesliga und Zweite Bundesliga gespielt. Dort auch acht Tore geschossen. Und dann in Hamburg vierte Liga?


Nina Philipp: Das ist ein Megaunterschied. Es fängt schon beim Training an. Wir hatten täglich trainiert. Wenn wir mal einen freien Tag hatten, war das so das Highlight überhaupt, mal einen freien Abend zu haben. Von der Qualität ist das ein großer Unterschied. Auch hier in Hamburg ist es schon von der vierten Liga zur Regionalliga ein riesengroßer Unterschied. Das hat man ja bei unserem Pokalspiel gegen Bergedorf in der zweiten Halbzeit gemerkt. Auch was die einzelnen Spielerinnen anbetrifft, war das eine große Umstellung für mich. Aber ich wollte einfach kürzertreten im Fußball und deswegen passt es. Vom Team her passt es.


Du strahlst am Ball immer eine ungeheure Ruhe aus. Man hat das Gefühl, dass Du schon vor der Ballannahme weißt, was Du machen wirst.

 

Nina Philipp: Das war in der zweiten und besonders in der ersten Liga extrem. Du hattest den Ball und sofort war jemand bei Dir. Da hattest Du keine Zeit zu überlegen, was Du machst. Deswegen muss man vorher wissen, wohin man den Ball als nächstes spielen möchte oder kann. Das überträgt sich hier ein bisschen. Hier hat man jetzt die Zeit, da kann man auch zwischendurch noch mal hochgucken. Aber ganz so extrem ist es auch nicht. Es sind ja immer noch Spielerinnen auf dem Platz.


Trotz der Gegenspielerinnen stehst Du nun aber zur Wahl zu Hamburgs Fußballerin des Jahres.


Nina Philipp: Warum das der Fall ist, weiß ich nicht. Keine Ahnung, wer die Jury da ist. Die haben wahrscheinlich auf die Torjägerlisten geguckt.


Fußballerin des Jahres in Gütersloh wirst Du wahrscheinlich nie gewesen sein.


Nina Philipp: Nein, natürlich nicht. Aber dafür bedeutet mir das hier auch mehr. Ich fühle mich schon geehrt, nominiert zu sein. Das finde ich ziemlich cool. Damit hätte ich nie gerechnet. Ich wusste auch gar nicht, dass es diese Wahl gibt. Wie gesagt, es gibt in Hamburg diese Teams, die höherklassig spielen. Dass man aus der Verbandsliga Hamburg heraus nominiert wird, das hätte ich auch nicht gedacht.


Das Saisonziel lautet nun Meisterschaft. Ist das machbar?


Nina Philipp: Auf jeden Fall. Dass wir so tolle neue Spielerinnen bekommen haben, ist richtig cool. Schon jetzt in den ersten Trainingseinheiten hat man gesehen, jede gibt richtig Gas. Die Klasse ist bei jeder einzelnen Spielerin vorhanden. Wenn wir es hinkriegen miteinander zu spielen, dann kann es klappen. Oben mitzuspielen, ist unser Ziel.

Beim ersten Freundschaftsspiel am letzten Sonntag hat man gesehen, dass ihr mit One-Touch-Football versucht, das Spiel schnell zu machen. Das hat nach gerade einer Trainingseinheit schon recht gut geklappt.

Man muss abwarten. Unser Spiel nach vorne müssen wir auf jeden Fall verbessern. Meist schlagen wir den Ball nach vorne und rennen hinterher. Das Kombinieren bis in die Spitze ist noch nicht unsere Stärke. Wenn wir vorne kein Pressing spielen, haben wir Schwierigkeiten.


Neben den Neuzugängen steht auch Sanna Barudi nach neunmonatiger Verletzungspause wieder auf dem Platz. Macht Euch das flexibler?


Nina Philipp: Wir müssen sehen, wie wir uns einspielen. Wir haben am Sonntag die Positionen vorne durchgetauscht. Das heißt mit vier offensiven Mittelfeldspielerinnen und einer Stürmerin davor gespielt und jede hat einmal jede Position eingenommen. Das ist nicht so einfach, gerade in der Zentrale. Dort ist die Abstimmung untereinander sehr wichtig. Wir hatten vorher eher mit zwei Sechsern gespielt. Mit zwei Zehnern finde ich es schwieriger, weil immer wieder abgestimmt werden muss, wer zurückgeht. Deshalb ist es um so wichtiger, dass wir uns einspielen.


Gibt es irgendetwas, was Du Dir wünschen würdest vom Verein?


Nina Philipp: Vom Hauptverein?


Ja


Nina Philipp: Ja klar, da kann man immer mehr Unterstützung gebrauchen. Man sieht auch bei St. Pauli immer wieder den großen Unterschied zwischen Männer- und Frauenfußball. Das ist auch eine alte Geschichte. Darüber rege ich mich eigentlich aber nicht mehr auf.


Wie war die Situation in Gütersloh?


Nina Philipp: Wir sind dort ja in die erste Liga aufgestiegen. Klar, die Klasse zu halten, ist das Ziel von allen Aufsteigern. Bremen ist jetzt zum Beispiel aufgestiegen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das dort klappt. Ich weiß nun aber nicht, wie dort die Unterstützung ist. In Gütersloh wurden damals acht Neuzugänge geholt. Daraufhin waren wir überhaupt kein Team mehr. Die Alten hatten zugesichert bekommen, ihr dürft alle bleiben, wir nehmen euch alle mit in die erste Liga. Weil wir ja auch etwas geleistet hatten, erst einmal dort hinzukommen. Und das war es dann aber eigentlich auch schon an Wertschätzung.


Du hattest zuvor 36 Spiele und acht Tore in zwei Jahren in der zweiten und dann fünf Spiele in der ersten Liga?


Nina Philipp: Genau. Und dann immer nur auch eingewechselt für fünf bis zehn Minuten. Die neuen Spielerinnen wurden geholt, eine Ablöse wurde gezahlt. Und dann darf ich diese fünf Spiele spielen, ich weiß nicht, wie viele Minuten es insgesamt waren, fünfzig vielleicht.


Und dann wolltest Du kürzertreten.


Nina Philipp: Dann war es mir sehr recht nach Hamburg zu gehen.


Eine allerletzte Frage: Du lachst beziehungsweise lächelst während des gesamten Interviews. Das machst Du auf dem Platz auch immer.


Nina Philipp: Echt?


Das habe ich nie zuvor gesehen, das ist schon sehr auffällig.


Nina Philipp: Na ja, es macht einfach Spaß. Es gibt bestimmt auch Spiele, in denen ich nicht lächle.


Ja, gegen Bergedorf warst Du irgendwann angespannt.


Nina Philipp: In der ersten Halbzeit kann ich mir gut vorstellen, dass ich da viel gelächelt habe. Weil es so gut gelaufen ist, weil es so viel Spaß gemacht hat. Wie gesagt, ich spiele Fußball mein Leben lang. Ich konnte nicht ohne Fußball, das habe ich gemerkt in den drei Monaten. Ich muss mal gucken, wie lange das noch geht. Ich hoffe, noch ein paar Jahre. Es ist einfach sehr schön. Ich glaube, in Gütersloh habe ich nicht so viel gelächelt wie hier.


Vielen Dank für das Gespräch, Nina.

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